Cristina's Tierheim auf Gran Canaria

November 2015

Bevor ich erzähle, warum ich im November gleich zwei Mal auf der Insel war, möchte ich an den letzten Bericht anschließen.

Über den Sommer hat Cristina fast alle Hunde des Obdachlosen kastriert.



Nur eine Hündin fehlt noch.



Diese war läufig geworden, so daß die Kastration noch mal verschoben wurde.
Demnächst ist sie dran.
Damit ist dann dieses „Projekt“ abgeschlossen.
Herzlichen Dank an alle, die bei der Finanzierung der Kastrationskosten geholfen haben.

Das Projekt, das wohl niemals ein Ende finden wird, ist die Kastration der wildlebenden Katzen.



Selbst an Plätzen, die eigentlich unter Kontrolle sind, tauchen immer wieder neue Katzen auf.
Zugewandert?
Ausgesetzt?



Plötzlich sind sie einfach da.



Dann legt sich Cristina mit der Falle auf die Lauer und hofft, daß sie die Katzen erwischt, bevor es Nachwuchs gibt.



Da es sich im Regelfall um wilde = menschenscheue Katzen handelt, ist es wirklich schwierig, die Tiere einzufangen.
Sie müssen sich erst an die Falle gewöhnen – manche Katzen sind wirklich supermißtrauisch.
Sie müssen erst lernen die Nähe des Menschen oder zumindest Cristinas Auto in Sichtweite zu akzeptieren.
Sie müssen angefüttert werden, damit sie wissen, wie lecker Dosenfutter schmeckt und daß es sich lohnt das Risiko ein- und in die Falle zu gehen.

Manchmal sitzt Cristina über Stunden im Auto und hält die Falle im Auge.
(Unbeaufsichtigt lassen geht gar nicht. Das ist sicher jedem klar).
Es kommt vor, daß sich an solchen Tagen keine einzige Katze blicken läßt.
Oder sie klettern außen auf der Falle herum, gehen aber nicht rein.
Oder eine bereits kastrierte Katze klettert in die Falle.
Oder, oder, oder...
Und irgendwann hat Cristina dann doch Fangglück.



„So was“ wird in Zukunft verhindert.



Die Kastration wilder Katzen ist also ein wichtiger Bestandteil von Cristinas Arbeit.
Eine Arbeit, die man nicht wirklich „sieht“.
Die aber viele, viele Stunden kostet und wirklich ganz, ganz wichtig ist.
Mehr als das.
Es ist die einzige Möglichkeit dafür zu sorgen, daß das Elend der Katzen auf der Insel nicht noch größer wird.
Jede kastrierte Katze…
Jeder kastrierte Kater ist ein Hauptgewinn.

Gehen wir von der Straße in Cristinas Tierheim.
Hier ist die Situation wirklich angenehm.
Es sind nur wenige Hunde da.
In den letzten Monaten konnte Cristina die meisten Langzeitinsassen zu ihren Kontakten nach Norwegen, Italien oder auch Deutschland schicken.

Im Tierheim sind jetzt noch Yonathan und Leika.



Für den Podenco-Rüden wird es höchste Zeit.
Er wird alt.



Dann ist da noch ein großer Bulli-Mix-Rüde, der gar nicht nach Deutschland einreisen darf.
Eine halbhohe Collie-Schäfer-Was-auch-immer-Mix-Hündin, die sicher bald zu einem von Cristinas Kontakten gehen darf.
Ein Welpe, den Cristina auf der Straße aufgelesen hat. Richtig krank der arme Kerl.
Außerdem eine Yorkie-Mix-Hündin mit fünf Welpen.



Warum ich nicht versuche in KG-Land ein Zuhause für die Zwerge zu finden?

Ganz ehrlich?
Weil ich keine Lust habe den Leuten wegen der Kastration hinterher zu rennen.



In unserem ach so zivilisierten Deutschland ist es nämlich keineswegs selbstverständlich, daß man seinen Hund kastrieren läßt.
Dabei geht es nicht nur um die Vermeidung von Nachwuchs.
Nicht nur um Reduzierung des Krebsrisikos oder der Prostataproblem.
Nein, es geht auch darum, daß ein Lebewesen, dessen Sexualtrieb völlig intakt ist, NIEMALS Sex haben darf.

Wenn ich das den Leuten sage, die gegen eine Kastration sind, werde ich immer ganz doof angeguckt.
„Ab sofort haben Sie Sexverbot bis zum Ende ihres Lebens“.
Dann wird nach Luft geschnappt und ich werde beschimpft.

Nein, darauf habe ich keine Lust.
Deshalb bin ich sehr froh, daß Cristina noch über andere Kontakte verfügt, wo sie die Welpen hin schicken kann.

Wobei diese Kontakte auch weniger werden.
Nein, falsch formuliert.
Die Kontakte bleiben. Aber sie nehmen auch Hunde von anderswo auf.
Und weil die Hunde in Cristinas Tierheim ja sicher sind, und gar nicht „so arm“, erhält oftmals der Hund von der Straße in Rumänien oder dem Tierheim in Bulgarien oder der Tötungsstation egal wo den Vorrang.

Das hat Cristina begriffen.
Deshalb hat sie viele leere Zwinger.

Gleichzeitig jedoch blutet ihr genau wegen dieser leeren Zwinger das Herz.
Bevor ich erzähle, was wir uns gegen diesen „Herzschmerz“ ausgedacht haben, möchte ich noch mal kurz auf Mila kommen.



Die Pit-Mix(?)-Hündin mit dem kaputten Vorderbein sitzt immer noch in Cristinas Tierheim.
Der Versuch in Italien Hilfe zu finden ist gescheitert.
Cristina hat beschlossen die OP im Laufe des Dezember durchzuführen.
Hier ist dann wieder die Hilfe der KG’ler gefragt.

Natürlich darf Mila aufgrund ihrer Rasse nicht nach Deutschland einreisen.
Aber nur, weil irgendein Mensch sie auf irgendeine Liste geschrieben hat, ist das doch kein Argument ihr die Hilfe zu verweigern.
Oder?
Mila ist wirklich eine Nette.



Wenn es so weit ist, werde ich bei Aktuelles berichten.
Und wir werden auch bei Aktuelles eine Euronensammlung für Mila ins Leben rufen.
Ich hoffe, die KG’ler sind genau so begeistert dabei, wie sie es bei einem Nicht-Kampfhund wären.
Wie gesagt, aktuelle Infos folgen.

Jetzt gehen wir zurück in die Vergangenheit.
Und zu Cristinas „Herzschmerz“.
Schon immer hat Cristina überlegt, ob sie nicht den einen oder anderen Hund aus einer Tötungsstation befreien kann.
Kein nachhaltiger Tierschutz.
Einfach nur ein Leben retten.

Bisher war das nicht möglich, weil ihr Tierheim voll war.
Doch jetzt hat sie Kapazitäten frei.

Die größte Tötungsstation auf Gran Canaria ist „Banaderos“.
KG’lern, die schon lange dabei sind, erinnern sich sicher.
Wer sich nicht erinnert kann nachlesen unter „Infos / unsere ehemaligen Partner / Gran Canaria“
Hier gibt’s ausführliche Informationen über die Tötungsstation und unsere damalige Zusammenarbeit.

Die Direktorin von Banaderos ist noch immer die Gleiche, wie damals.
Vor einigen Wochen, oder sind es schon Monate?, hat Cristina die Direktorin bei einer Veranstaltung getroffen.
Man kam ins Gespräch.
Wer bin ich, was machst du, etc.
Und irgendwie kam die Rede auch auf Körbchen gesucht.

Die Direktorin hat die Arbeit der KG’ler noch in guter Erinnerung und hat eingeladen, ob wir nicht erneut in Banaderos helfen wollen.

Cristina ist eine Zeit lang mit der Idee schwanger gewesen und hat dann mir davon erzählt.
Meine erste Reaktion war: Danke – aber nein Danke.
Weder will ich zurück in die Vergangenheit.
Noch habe ich Lust „alte Geister“ zu wecken.

Aber die Direktorin hat für ihre Insassen um Hilfe gebeten. Sie möchte, daß wenigstens ein paar Hunde eine Chance auf ein neues Leben bekommen.
Soll ich die Direktorin vor den Kopf stoßen? Die Leiterin einer Tötungsstation, die wenigstens noch ein bißchen was für ihre Hunde rausholen will? Soll ich die Hunde im Stich lassen?
Nur weil ich zu bequem bin und den Unannehmlichkeiten aus dem Weg gehen will?
Wäre das im Interesse der Tiere?

Also haben Cristina und ich einen Plan ausgeheckt.
Wir gehen nach Banaderos und ich suche zwei Hunde aus.
Diese ziehen um in Cristinas Tierheim.
Cristina macht die Hunde „ reisefertig“ und ich versuche in KG-Land ein passendes Körbchen zu finden.
Wenn einer der Hunde vermittelt ist, fliege ich runter.
Ich nehme beide Hunde mit nach KG-Land (wenn einer nicht vermittelt ist, kommt er mit zu uns nach Zülpich)
Gleichzeitig gehen wir erneut nach Banaderos und suchen wieder zwei Hunde aus.

Je nach dem, welche medizinische Behandlung (Stichwort Filaria) möglicherweise notwendig ist und wie gut oder schlecht die Körbchensuche klappt, können auf diese Weise doch zehn oder zwölf Hunde pro Jahr gerettet werden.

Es ist ein Versuch.

Einer, der erst Mal gründlich daneben gegangen ist.

Wir sind zwar Mitte November nach Banaderos gefahren.



Aber statt der beiden Hunde „zum Vermitteln“ ist mir eine alte, klapprige Podenca in der hintersten Ecke des Zwingers ins Auge gestochen.
Eigentlich hätte ich die Hündin überhaupt nicht sehen dürfen, weil drei junge Podencos und noch zwei oder drei andere Hunde am Gitter herum gesprungen sind.
Aber ich habe sie gesehen.



Absprache mit Pit.
Absprache mit Helene als Plan B für Notfälle.
Und schon hatte ich die Podenca an der Leine.



Vier Tage zuvor war sie scheckheftgepflegt von ihrem Besitzer abgegeben worden.
Sie hat wirklich jedes Jahr alle Impfungen bekommen und zusätzlich noch die Filaria- Prophylaxe (was wirklich ungewöhnlich ist).
Warum gibt man den Hund, den man über mehr als ein Jahrzehnt geachtet und gepflegt hat, in der Tötungsstation ab?
Warum läßt man seinen Hund nicht einschläfern, statt ihn dieser Tortur im Zwinger auszusetzen?
Das ist etwas, was ich nie verstehen werde.

Jedenfalls ist Linda (so heißt sie wirklich und sie hört sogar drauf – wenn sie will) in Cristinas Tierheim umgezogen.



Hier hat sie sich ein bißchen erholt.
Zwei Wochen später (das ging, weil sie komplett durchgeimpft war – inclusive Tollwut) bin ich wieder auf die Insel geflogen und habe sie geholt.



Linda wohnt jetzt hier bei uns in Zülpich.
Sie hat zwar einige Gesundheitsprobleme (Mammatumore, schlimme Zähne, die Hinterhand ist „wackelig“), aber sie genießt ihr neues Leben sehr.



Wir hoffen, daß wir die schlimmsten „Baustellen“ reparieren können, und daß sie wenigstens einen schönen, unbeschwerten Sommer bei uns genießen kann.
Gerne auch zwei oder drei.

Doch zurück auf die Insel.
Als ich Linda am 30. November geholt habe, waren Cristina und ich erneut in Banaderos.
Wie versprochen habe ich zwei Hunde zur Vermittlung nach KG-Land ausgesucht.

Mister A hat von den KG’lern den Namen „Anton“ bekommen.



Und Miss B ist eine „Biene“ geworden.



Unglaublich, aber „Biene“ war bei meinem Besuch zwei Wochen vorher auch schon da.
Vor lauter Linda habe ich sie aber nicht wahr genommen.



Nach Erledigung aller Formalitäten… (Wir mußten ein bißchen warten, bis wir beim Tierarzt an der Reihe waren)…



… haben wir Banaderos verlassen.



Die beiden warten jetzt in Cristinas Tierheim darauf, daß ich sie Ende Januar holen komme.



Anton hat sein Körbchen in KG-Land bereits sicher.
Die Körbchensuche für Biene wird schnellstmöglich beginnen.

Tja, wer hätte damals gedacht, daß auf den Seiten der Körbchensucher noch mal Hunde aus Banaderos auftauchen würden?
Also ich ganz sicher nicht.

Ob der Plan, den Cristina und ich uns ausgedacht haben, funktioniert, müssen wir abwarten.
Ob vielleicht die Nachfrage nach „Geretteten Hunden aus der Tötung“ so groß ist, daß wir aufstocken müssen, wird die Zeit zeigen.

Vielleicht gibt es sogar noch mehr so mutige Menschen wie die Körbchengeber von Anton.
Die haben nämlich gesagt: „Steffi, such uns einen Hund aus, der zu uns paßt. Optik ist egal.“

Oder vielleicht interessiert sich kein Mensch für Biene.
Niemand weiß, was die Zukunft bringt.
Warten wir ab.

Aber erst mal freue ich mich, daß für Körbchen gesucht die Tür in Banaderos weit offen steht.



Ja, es ist eine reine Rettungsmission.
Nachhaltiger Tierschutz ist anders.

Nachhaltigen Tierschutz betreibt Cristina mit der Kastration der Straßenkatzen.
Nachhaltigen Tierschutz versuchen wir im Tierheim bei Santiago auf die Beine zu stellen.

Erlauben wir uns einfach nur den einen oder anderen Hund zu retten.

7. Dezember 2015