16.-17. Februar - Steffi erzählt



Dieser Bericht wird ein bißchen anders als die vorangegangenen. Denn ich möchte diesmal nicht nur Fotos aus der Perrera zeigen.
Ich möchte ein bißchen „ans Eingemachte“, wie man so schön sagt.

Perrera
Dieses Wort hat in Spanien eine ganz andere Bedeutung als bei uns.
Perrera bedeutet: Hundezwinger oder Hundehütte.
Wenn man einem Spanier also erzählt, dass „la Perrera“ etwas ganz Entsetzliches ist und diese abgeschafft gehören, wird er nur verständnislos gucken.
Mir würde auch nicht einleuchten, warum Hundehütten verboten gehören.

Dennoch möchte ich auch weiterhin die „Hunde- und Katzenauffangstation auf Gran Canaria“ als Perrera bezeichnen.
Das Wort hat sich einfach eingedeutscht und hat für uns eine entsprechende Bedeutung.

Andrea hingegen, die seit vielen Jahren in Spanien lebt und spanisch denkt und sogar spanisch träumt – was ich persönlich ganz faszinierend finde – geht Perrera nicht über die Lippen.
Logisch, wenn man die Übersetzung des Wortes bedenkt.

Wenn Andrea sich auf Spanisch unterhält, spricht sie von „El Albergue“. So steht es ja auch am Tor der Perrera geschrieben.
Albergue kann man übersetzen mit Bleibe, Einkehr, Herberge.
Die Herberge für die Tiere der Insel.
Das steht am Tor.
Andrea hat es eingedeutscht spricht deshalb von einem „Tierheim“.

Für uns ist ein Tierheim ein Ort, an dem Tiere unter gebracht und versorgt werden, bis sie ein neues Zuhause gefunden haben.
In unseren Tierheimen in Deutschland wird – von gesundheitlichen Gründen mal abgesehen – nicht eingeschläfert.

In „Andreas Tierheim“, der „Albergue insular de Animales“, also der Perrera auf Gran Canaria wird getötet.

Jeden Mittwoch

Nicht selten liegen dreißig, vierzig Kadaver in den Gängen.

Sorry für das deutliche Wort.

Wenn man durch die Gänge geht, vergisst man, wo man sich befindet.
Denn eigentlich gibt es an den Zwingern nichts zu bemängeln.
Es hat reichlich Futter, fließendes Wasser.
Die Zwinger sind sauber, hell, der Geruch nach Hund hält sich in absolut erträglichen Grenzen.
Eigentlich ist die Perrera alles außer schlimm.
Mit freundlichem Gebell und wildem Schwanzgewedel wird man begrüßt.


Alles ist gut – wenn man sich den Mittwoch weg denkt.

Aber zurück ans „Eingemachte“.

Daß Andrea sich um die Hunde kümmert, die nach Deutschland fliegen, ist nur ein Teil ihrer Arbeit.
Sie ist auch unermüdlich damit beschäftigt auf der Insel zu helfen.

Mal ein Beispiel:
Vor Weihnachten gibt es jede Menge Werbung in den Zeitungen: Welpe unterm Weihnachtsbaum.
Das Perverse ist: die reinrassigen Hundekinder werden unter anderem aus Ungarn eingeflogen, um den Bedarf auf der Insel zu decken.
Andrea hat (unterstützt von der Direktorin der Perrera, der Tierärztekammer und dem Rathaus) eine Gegen- Kampagne organisiert: Wenn schon Weihnachten ein Hund, dann doch bitte ein Hund aus der Perrera.
Über diese Kampagne haben 140 Hunde ein neues Zuhause auf der Insel gefunden.
Wie dauerhaft dieses Zuhause ist, muß natürlich abgewartet werden.

Oft genug werden Welpen und junge Hunde in der Perrera adoptiert und nach ein paar Monaten – meistens wenn sie ausgewachsen sind – ohne mit der Wimper zu zucken wieder zurück gebracht.
Aber das ist ein anderes Thema.

Alle Hunde, die aus der Perrera vermittelt werden, gehen kastriert ins neue Zuhause. Oder aber die Besitzer erhalten bei der Adoption eines Welpen einen Gutschein, dass der Welpe auf Kosten der Perrera im entsprechenden Alter kastriert wird.
Nur so kann die Flut unerwünschter Hunde auf Dauer eingedämmt werden.

Daß die Hunde nicht in der Perrera selbst kastriert werden können, versteht sich eigentlich von selbst.
Deshalb hat Andrea mit der Ärztekammer, städtischen Behörden und der Uniklinik (die zufällig um die Ecke ist) einen Deal ausgehandelt.
Die Hunde werden in der Uniklinik von den Dozenten / Doktoren / Professoren im Beisein der Studenten kastriert.
Für kleines Geld.
Im Gegenzug bekommt die Uniklinik ab und zu mal einen Mittwochshund – damit die Studenten üben können.
Makaber, ich weiß.
Aber ein Deal, der irgendwie allen hilft.

Das Problem ist jedoch, dass in den Semsterferien kaum Hunde kastriert werden.
Oder aber, dass nach einer solchen Weihnachtskampagne die Kapazitäten der Uniklinik nicht ausreichen.
Schließlich werden dort eigentlich die Privathunde der Inselbewohner behandelt. Die bringen ja auch das Geld.
Die Perrera- Hunde stehen also immer irgendwie hinten an.
Das führt dann zu Engpässen.
Und dann passiert das, was mit Muckeline passiert ist.


Die Schwangerschaft blieb unbemerkt und unverhofft haben sieben Zwerge das Licht der Welt erblickt.
So was DARF einfach nicht passieren.

Machen wir einen Sprung zu den Tierärzten in der Perrera.
Ihre Aufgabe ist es, die von den Hundefängern gelieferten Hunde zu katalogisieren.
Jeder kriegt eine Nummer, Geschlecht und Farbe werden erfasst. Es wird überprüft ob ein Mikrocip vorhanden ist, dann werden die Besitzer verständigt. Für Wundversorgung, etc. bleibt so gut wie keine Zeit.
Denn die Tierärzte müssen auch noch die Vermittlungen in der Perrera machen.
Mikrocips müssen gesetzt werden, gegebenenfalls noch eine Impfauffrischung, Formulare müssen ausgefüllt werden, etc.
Hunde, die von privat abgegeben werden, werden von den Tierärzten entgegen genommen.
Und, und, und....
Da ist es schon fast lästig, wenn Andrea mit „unseren“ Hunden auch noch dazwischen funkt.
Denn auch da müssen Chips gesetzt und Impfungen gemacht werden. Die EU- Pässe müssen ausgestellt werden. Und da die Hunde ins Ausland gehen, ist der Formalkram noch umfangreicher.

Oft passieren Fehler.
Ein lapidares Beispiel.
Letztes Wochenende, als ich auf der Insel war, hätte eigentlich Susi mit mir nach Deutschland fliegen sollen.
Das hat leider nicht geklappt, weil außer mir noch ein anderer Passagier einen Hund mit im Frachtraum hatte.
Da musste Susi leider noch mal warten.
Trotzdem habe ich in ihren bereits ausgestellten EU- Paß rein geguckt. (Wenn ich nicht selbst fliege, kontrolliert natürlich Andrea die Pässe). Und siehe da, bei Susi, unserer kleinen Wuschelhündin, stand Macho beim Geschlecht.
So kleine Flüchtigkeitsfehler, die die Tierärzte in der Perrera überhaupt nicht beeindruckt, können am Zoll in Düsseldorf ganz schnell ganz große Probleme auslösen.

Es ist also so, dass Andrea alles, aber auch wirklich ALLES kontrollieren muß.
Und das ist Mist.
Da geht zu viel Zeit verloren, die an anderer Stelle dringend gebraucht wird.

Deshalb haben wir uns mit Enrique zusammen gesetzt.
Er ist unser „Operateur für schwere Felle“.
Außerdem waren Sira und Lara bei unserem Treffen mit dabei.


Beide studieren im letzten Jahr bei Enrique an der Uni Tiermedizin, sind also quasi schon mehr oder weniger fertig.
Es war ein interessanter Abend zwischen Spanisch, Englisch und Deutsch.
Aber es gibt ein Ergebnis.
Enrique wird, gemeinsam mit Sira und Lara, die Betreuung „unserer“ Hunde übernehmen.

Sie werden die Hunde, nachdem Andrea sie ausgesucht hat, gesundheitlich durchchecken, impfen, die Pässe ausstellen, etc.
Und auch die Kastrationen werden zum Teil von den drei übernommen.

Damit Letzteres funktioniert, wird Andrea versuchen einen Raum in der Perrera zu einem OP- Raum umzurüsten.


Eigentlich kein großes Problem, wenn denn Andrea schalten und walten könnte, wie sie möchte.
Leider gibt’s da aber noch eine Direktorin, die eigentlich das Sagen in der Perrera hat.
Und ob die Dame, die auch nicht mehr die Jüngste ist, einsieht, dass eine Tötungsstation einen OP- Raum braucht, ist noch nicht sicher.
Aber Andrea arbeitet daran.
Und wenn’s so weit ist, werden wir vermutlich ein Projekt ins Leben rufen, um die nötigen Utensilien zu finanzieren.
Mal sehen.
Möglicherweise werden wir auch, ähnlich wie in der Slowakei, eine monatliche Patenschaft organisieren, um das OP-Material zu finanzieren.
Zukunftspläne, aber ich halte Euch auf jeden Fall auf dem Laufenden.
Es gibt also jede Menge zu tun.

Ich denke, für diesmal war das genug Input.
Gehen wir von der Fiktion zurück in die Realität.
Hier ein paar Fotos von meinem Besuch auf der Insel.


Das ist Andreas Auto.
Ich weiß, viele von Euch haben (hoffentlich) einen solchen Aufkleber auf der Scheibe.
Aber auf GC einen im Parkhaus zu entdecken war schon irgendwie was besonderes.


Als erstes gab's dann ein paar Leckerlie für die Special- Dogs.
Hier holt sich Tor ein Stück Rinderlunge ab.
Kennt er nicht - hat aber trotzdem geschmeckt.


Meine kleine Freundin hat die Lunge fast verschlafen.


Wir haben sie natürlich mit einem Stück Rinderlunge vor der Nase geweckt.
Das Gesicht war göttlich - aber leider nicht zu fotografieren.

Auch die anderen Gnadenbrothunde haben ihren Leckerbissen gekriegt.


Bei "unseren" Hunden habe ich nur schnell vorbei geschaut.
Alles soweit okay.


Schnell ein Blick in die Krankenstation.
Hier warten die Flüchtlinge Mara, Susi und Mandy auf morgen.
Susi konnte leider nicht mitfliegen, weil der dritte Platz im Frachtraum von einem anderen Hund besetzt war.


Außerdem war da noch Pedro.
Von ihm habe ich im Oktober schon mal kurz erzählt.
Sein Auge und das kaputte Vorderbein wurden vor kurzem amputiert.
Jetzt sind wir an der Reihe ein Körbchen für ihn zu finden.


Andrea ist überall gern gesehen.
Hier im Zwinger von den mittleren Rüden.


Da läuft so ein alter Pointer rum...
Er ist nicht von der Spritze bedroht
Ich glaube sogar, er war im Oktober im selben Mittwochszwinger, wie der Schäferhund mit der kaputten Pfote.
So was verbindet irgendwie.
Vielleicht kann ich ihm helfen.


Auswahl gibt's auch diesmal reichlich.

Der Flughund in der Mitte ist schon von Andrea ausgesucht.
Irgendwann wird er also in die Vermittlung kommen.


Wie immer ein Hund schöner als der andere.


An diesen beiden blonden Plüschmädels konnte ich nicht vorbei gehen.
Jetzt warte ich auf die Daten, dann gehen sie online.


Weggucken.
Wir haben schon sooo viele Podis in der Vermittlung, die keiner haben will.


Ihr Blick macht mich fertig.


Schnell noch ein kurzer Besuch bei Gino.
Es wird schon dunkel.


Ich hätte ihn so gerne in den Arm genommen und versprochen, daß alles gut wird.
Aber das wäre eine Lüge gewesen.
Also habe ich's nicht getan.


Übernachtet habe ich bei Lotty, wo unsere nächsten Stubentiger reiserfertig gemacht werden.


Und dann ging's auch schon wieder zurück nach Deutschland.