Komarno - August 2008



Schon viel zu lange ist es her, dass ich dem Tierheim in Komarno einen Besuch abgestattet habe.
Letztes Jahr im November war ich zuletzt dort.
Zwar hatte ich einen Flug für Mai, und dann einen Flug für Juni gebucht. Aber die haben dann leider in der Slowakei nicht in den Terminplan gepasst.
Und so ist es dann der 26. August geworden, bis Dirk und ich wieder ins Tierheim gekommen sind.

Viel hat sich verändert.
Nicht im Tierheim selbst.
Agnes ist noch immer die Chefin des Rudels.


Und Miss D greift Agnes noch immer liebevoll unter die Arme bzw. den Hunden unter die Pfoten.


Außerdem hat das Tierheim einen neuen Mitarbeiter. Der Sohn von Miss D ist häufig mit von der Party. Ihm wurde eine kleine Spielecke eingerichtet, wo er sich bei gutem Wetter aufhalten kann.
Hier verbringt er die Zeit mit der Betreuung von „B“.
Die kleine, verängstige und fast zu Tode geprügelte Hündin liebt den Jungen. Sie lässt sich wirklich alles von ihm gefallen.
Kommt sie aus ihrem Zwinger, ist der erste Weg in die Spielecke, um zu gucken, ob ihr Freund da ist.
Die beiden sind ein Herz und eine Seele.
Toll anzusehen.


Was sich jedoch geändert hat ist, dass Yvonne aus diversen Gründen nur noch sehr unregelmäßig nach Komarno kommt. Die zwei Stunden lange Strecke von Bratislava nach Komarno muß man ja auch erst mal fahren. Das haut bei Yvonne leider nicht mehr hin.
Sie fährt aber weiterhin die halbe Strecke, übernimmt dort die Hunde von Agnes und bringt sie zum Flughafen.
So bleibt die Möglichkeit für die Hunde nach Deutschland zu fliegen auf jeden Fall erhalten.
Im Gegenzug bekommt Agnes natürlich die Hilfsgüter, die ich von Deutschland aus mit nach Wien nehme.


Yvonne hat allerdings all die Zeit noch viel mehr getan als „nur“ Taxi zu spielen. Sie hat die Hunde im Tierheim fotografiert, sie hat die Charakterbeschreibungen gemacht. Sie hat mich mit allen Informationen versorgt, die ich brauchte.
Yvonne war quasi meine Augen, meine Ohren und mein verlängerter Arm in Komarno.
Was sie wusste, wusste ich auch.
Das fällt jetzt leider alles weg.

Eigentlich nicht so tragisch, sollte man denken.
Macht eben Agnes die Fotos.
So einfach ist es aber leider nicht.

Ich möchte mal kurz beschreiben, wie der Ablauf im Tierheim so ist. Dirk und ich waren ja einen Tag zu Gast.
Im Tierheim gibt es quasi zwei Ausläufe.
Einen hinteren, der recht grün ist.


Und einen vorderen, wo sich die Zwinger befinden und wir den Kies finanziert haben.


Der Ablauf ist folgender:
Ein Zwinger geht auf.
Die Hunde werden in den hinteren, grünen Auslauf gebracht und bewegen sich dort.
Außerdem gibt’s Futter.


Ein weiterer Zwinger geht auf.
Die Hunde bleiben im vorderen Auslauf.
Es wird eine Runde gespielt.


Und es wird gefressen.


In der Zwischenzeit machen Agnes und Miss D jeweils einen Zwinger sauber.
Das dauert so eine viertel Stunde – je nach dem wie viele Helfer die beiden haben.



Dann kommen die zweiten Hunde aus dem vorderen Auslauf wieder in ihren Zwinger.
Die ersten Hunde aus dem hinteren Auslauf kommen wieder in ihren Zwinger.
Zwinger Nummer drei geht auf.
Die Hunde kommen in den hinteren Auslauf.
Zwinger Nummer vier geht auf.
Die Hunde dürfen sich im vorderen Auslauf austoben.


Sauber machen.
Hunde wieder rein.
Nächste Hunde wieder raus.
Das geht so, bis alle Hunde einmal draußen waren und alle Zwinger sauber sind.
Dann ist Mittagspause.

Und am Nachmittag beginnt das Spiel von vorne.

Jetzt fragt man sich natürlich, warum machen die beiden nicht einfach alle Zwinger auf und lassen die Hunde im großen Rudel laufen?
Tja...
Wären das alles junge, gut sozialisiert, rudeltaugliche Hunde, wäre das kein Problem.

Leider ist die Hundehaltung in der Slowakei nicht dazu geeignet, gut sozialisierte Hunde hervor zu bringen (wenn ich das mal so formulieren darf.)
Die Hunde leben in der Regel im Hof. (Betreten des Hauses meistens strikt verboten).
Oft sogar an der Kette.
Sie Hunde leben ALLEIN, ohne Artgenossen im Hof.
In IHREM Hof.
Der wird verteidigt.
Egal wer den Hof betritt, ob Mensch oder anderer Hund, der Eindringling wird verbellt.
Genau DAS ist die FUNKTION der Hunde in der Slowakei.

Und wer als Alarmanlage nicht taugt, der landet mit einem Fußtritt außerhalb des Tierheims, wird von Hundefängern oder Polizei eingefangen und landet schließlich in der Tötung (ja, die gibt es auch dort, allerdings in viel kleinerem Umfang als in Spanien) oder im Tierheim.

Das heißt, die Hunde, die im Tierheim eintreffen, sind darauf trainiert (die ehemaligen Halter haben es ihnen beigebracht), sich Artgenossen vom Hals zu halten.

In liebevoller, mühevoller Kleinarbeit mit unendlich viel Geduld bilden Agnes und Miss D „Kleinrudel“ aus den Hunden.
Denn kein Hund kann allein im Zwinger sitzen.
Sie MÜSSEN sich arrangieren.
Und das tun sie auch.
Die großen Hunde sitzen paarweise, zu Dritt oder zu Viert im Zwinger.
In dem Kleinrudel funktioniert die Hundesprache.
Das Rudel ist einigermaßen harmonisch.

Aber wenn man die Kleinrudel durcheinander mischt – also alle Zwinger gleichzeitig öffnet – gäbe es vermutlich eine Katastrophe.
Das Risiko will keiner eingehen.
Und es geht ja auch so.

Und wenn die Zwinger alle voll sind, gibt’s ja auch immer noch den Platz vor dem Tierheim an der Kette.


Aber zurück zu Agnes Tagesablauf.
Daß sie und Miss D alle Hände voll zu tun haben, kann sich sicher jeder vorstellen.
Die beiden betreuen im Regelfall zwischen 60 und 70 Hunden.


Und jeder soll seine Streicheleinheiten, ein kleines bißchen Aufmerksamkeit oder einen Ball geschmissen bekommen.

Dazu kommen noch die Tierarztbesuche, etc.
Diese trächtige Hündin muß dringend kastriert werden.


Die beiden haben ein sehr inniges Verhältnis zu den Hunden.
Die Charakter der Hunde können sie hervorragend beschreiben.


Aber zum Fotos machen bleibt einfach keine Zeit.
Wann?
Und dann auch noch abends an den Computer setzen und die Bilder mailen?
Wann?
Beide haben noch Familie.
Und irgendwann sind sie einfach hundemüde und total erschöpft.

Trotzdem muß es natürlich eine Möglichkeit geben, dass ich an Bilder und Informationen komme.
Nur dann kann ich weiterhin helfen.

Agnes hat eine Digitalkamera.
Wir haben ihr einige Speicherchips mitgebracht.
Agnes kann also, wenn neue Hunde rein kommen, die Hunde fotografieren. Und wenn Hunde fliegen, gibt sie den Speicherchip mit.
Ich lade die Bilder runter.
Und beim nächsten Flug tauschen wir wieder zurück.

Zudem werden Agnes und ich miteinander telefonieren und – so fern sie es zeitlich schafft – auch mailen.
So kriege ich Charakterbeschreibungen und Infos, wenn es was zu wissen gibt.

Das reicht aber so nicht.
Leuchtet sicher jedem ein.
Also wird die Zusammenarbeit mit Komarno intensiviert.
Dirk hat sich bereit erklärt zu helfen.

Die Planung ist Folgende:
Etwa alle drei Monate werden Dirk und ich gemeinsam nach Wien fliegen.
Wir nehmen uns einen Mietwagen.
Den packen wir mit Hilfsgütern voll.


Und dann fahren wir quer durch Ungarn nach Komarno.
Dort werden wir den Tag verbringen, Fotos machen und die Hunde kennen lernen.



Und abends mit der letzten Maschine geht’s dann wieder zurück.

Klar ist das anstrengend.
Und wirklich billig ist es auch nicht.
Aber die Alternative wäre die Hunde von Komarno komplett im Stich zu lassen. Und das kann’s auch nicht sein.

Wobei ich noch kurz auf das Thema Geld zu sprechen kommen möchte.
Das Tierheim in Komarno ist wirklich „arm“.
Keine staatliche Unterstützung, keine städtische Unterstützung, keine Spender, keine Sponsoren, kaum freiwilligen Helfer, keine Gassigänger.
Nichts.
Es gibt Agnes.
Es gibt Miss D.
Und es gibt viele, zu viele Hunde, die Hilfe brauchen.

Dringend müssten Baumaßnahmen durchgeführt werden.
Doch zum einen fehlt da das Geld.
Überall ist geflickt.


An diesem Zwinger schließt die Tür nicht zuverlässig.
Also wird vorne dran beschwert.


Hier soll eigentlich eine Welpenbude entstehen.


Eine österreichische Orga hatte Unterstützung zugesagt.
Es sollte viel in Eigenleistung gebaut werden.
Über Monate.
Immer am Wochenende sollte gearbeitet werden.
Irgendwann stehen die Mauern.
Irgendwann steht das Dach.
Irgendwann geht’s dann drinnen weiter.
Das wäre preiswert.
Auf jeden Fall viel, viel preiswerter, als wenn Agnes vor Ort einen „Baumensch“ beauftragt.


ABER
Wo soll Agnes das Baumaterial lagern?
Wie soll Agnes neben all dem anderen auch noch die freiwilligen Helfer Wochenende um Wochenende beaufsichtigen?
Und wo sollen sich in der Zeit die Hunde aufhalten?
Denn wenn da fünf, sechs oder noch mehr fremde Leute im Tierheim rum laufen, ist der vordere Auslauf kaum für die Hunde zu nutzen.
Und allein die Unruhe, die so viele fremde Menschen ins Tierheim bringen.

Dirk und ich haben das schon gemerkt.
Wenn wir uns im Tierheim selbst aufgehalten haben, war das Gebell groß.
Jeder wollte auf sich aufmerksam machen.
Unruhe ohne Ende.
Man konnte sich gar nicht richtig unterhalten.
Kaum standen wir mit Agnes vor dem Tor, war Ruhe.
Und ich meine wirklich Ruhe.

Der Streß, den es für die Hunde bedeutet über Monate eine Baustelle im Tierheim zu haben...
Das funktioniert also alles nicht mit der Welpenbude Marke Eigenbau.
Es wäre zwar wesentlich billiger, ist aber einfach nicht praktikabel.

Eine Lösung haben Agnes, Dirk und ich noch nicht.
Aber bei unserem nächsten Flug im November werden Dirk und ich über Nacht bleiben.
Dann setzen wir uns abends mal zusammen und werden gemeinsam mit Agnes Mann überlegen, was man tun kann und welche Möglichkeiten es gibt, die auch vor Ort praktikabel sind.
Es hilft ja nicht wirklich, wenn ich von außen mit einem Bautrupp komme und sage: „Wir machen das so“. Aber eigentlich stürze ich das Tierheim ins Chaos.
Mal sehen, was uns einfällt.


Worauf ich aber eigentlich hinaus will ist etwas anderes.
Dem Tierheim muß finanziell unter die Arme gegriffen werden.
Nicht bei Sonder-Bau- Aktionen oder Kastrationen.
Sondern ganz einfach im Alltag.
Wenn ein Stück Zaun kaputt gegangen ist, muß Agnes die Möglichkeit haben, einfach ein neues Stück Zaun zu kaufen.
Und wenn eine Tür nicht gescheit funktioniert, muß Agnes einen Mensch engagieren können, der die Tür wieder repariert.

Das monatliche Tierheimbudget muß aufgestockt werden.
Deshalb werden wir ganz bald etwas tun, was viele andere Orgas sowieso schon machen. (Und was ich in einzelnen seltenen Fällen ja auch schon gemacht habe).
Wir werden Paten für die Hunde in Komarno suchen.

So viele Hunde haben keine Chance auf eine Vermittlung.
Sei es wegen ihrer Fellfarbe


Ihrer Rasse


Oder ihres nicht ganz einfachen Charakters.


Viele Hunde sitzen auch schon seit Jahren dort und es will sie einfach niemand haben.


Für diese Hunde werden wir versuchen Paten zu finden.
Wie genau wir das organisieren, muß ich noch mit Natascha abstimmen.
Sie wird die Betreuung der Paten übernehmen.
Ich schaffe es einfach zeitlich nicht, die Patenpost (via Mail, um Porto zu sparen) zu verschicken. (Warum nur kriege ich den 48-Stunden-Tag nicht endlich genehmigt?)
Alle drei Monate, wenn Dirk und ich im Tierheim waren, werden wir von den Patenhunden erzählen, neue Fotos mitbringen, etc.
Eine Patenschaft wird möglich sein, ab einem monatlichen Geschenk in Höhe von 5 Euro.

Ganz wichtig ist, dass Agnes sich dann auch wirklich darauf verlassen kann, dass das Patengeschenk kommt.
Damit sie arbeiten kann.

Deshalb schon jetzt die Bitte an Alle, die über die Übernahme einer Patenschaft nachdenken.
Bitte gut überlegen, ob die finanzielle Belastung auch wirklich monatlich getragen werden kann.

Wenn jemand ein „Einzelgeschenk“ machen möchte (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Osterei, etc.) ist das natürlich auch möglich. Schnellstmöglich wird das Geld nach Komarno weiter geleitet.
Dann bitte nur in den Verwendungszweck schreiben: Geschenk Komarno.

Übrigens leiten wir nicht nur Geschenke nach Komarno weiter, sondern auch Happy End Bilder.
Agnes liest die Geschichten auf der HP natürlich mit.
Und wenn Papierfotos und Briefe kommen, nehmen wir die mit.


Jetzt noch schnell ein Blick ins Lager.
Hier sind die Hilfsgüter gelandet, die wir bei unserem Flug mitgebracht haben.
Natürlich einfach nur schnell ausgepackt, weil wir die Boxen ja für den Rückweg wieder gefüllt haben.


Es gibt also viel zu tun in Komarno.
Packen wir’s an.
Damit auch weiter Hunde wie Susi die Chance haben, nach Deutschland in ein neues Leben zu fahren.