Almendralejo

Mai 2013

Schon seit ich am 26. Mai in Almendralejo ins Auto gestiegen bin denke ich darüber nach, wie dieser Reisebericht formuliert werden kann.

Nicht einfach.

Erzähle ich was von wegen: die dunklen Wolken haben sich verzogen?



Erzähle ich was von einem stabilen Fundament und strahlend blauem Himmel?



Erzähle ich was von einem „warmen“ Verhältnis und behaupte, der Crash von Februar-März ist vergangen und zählt nicht mehr?



Schaffe ich es alle „Menschlichkeit“ auszublenden und mich rein auf die Hunde zu konzentrieren?



Vielleicht einfach ein paar Fakten.

Nachdem wir unsere drei Fluchthunde ins Auto gepackt hatten, waren 120 Hunde in der Perrera von Almendralejo.



Die Welpen- und Kleinhund Gruppe lebt im Klinikbereich und im Patio.

Im Auslauf sind vier Parzellen besetzt.
Ein Mal die Gruppe rund um Chenoa.



Ein frisch kastrierter Mastin sitzt allein.
Und dann noch zwei Mal zwei Mastins.



Zu „Auslaufzeiten“ werden die Mastins in die „Schleusen“ vor den anderen besetzen Parzellen gesetzt.



Somit stehen den anderen Hunden 4 Parzellen zur Verfügung.

Daß alle Hunde raus kommen ist Aufgabe von „Toni“.
Sie wird als dritte „Pflegekraft“ vom Ayuntamiento bezahlt, arbeitet allerdings nur drei Stunden am Tag. Sie kommt gegen 11 und geht gegen 14 Uhr wieder.
Ihr Vertrag läuft Ende des Monats aus.
Wie es dann weiter geht, ist noch unklar.

Im Auslauf selbst haben die Hunde viel Spaß.



Allerdings sind sie dort nicht allein.
Jede Menge Zecken haben sich dort angesiedelt.



Somit hat Mada ein neues Problem, für das sie eine Lösung finden muß.



Kastriert worden ist seit meinem letzten Besuch nicht so furchtbar viel.
Jetzt geht es langsam wieder los, weil ich die Euronen der Paten zusagen kann.



Wobei die Arbeit in Zukunft prinzipiell langsamer voran gehen wird. Denn durch den „Crash“ Anfang des Jahres haben wir etwa die Hälfte der Paten verloren.

Der augenblickliche Stand ist so, daß wir die 300,- Euro Futter finanzieren können (der Deal mit dem Ayuntamiento, bitte alte Berichte nachlesen).
Außerdem können wir die Kastration von fünf Hündinnen und einem Rüden bezahlen.

Wichtiger als Kastrationen sind für Mada allerdings Vermittlungen – vor allem nach Deutschland.
Denn durch die Spende der Körbchengeber sind die Kosten für die medizinische Versorgung größtenteils gedeckt.

Bei Vermittlungen durch die Podenco- Orgas (mittlerweile sind es zwei) oder bei Vermittlungen vor Ort zahlt Mada zu.
Finanzielle Unterstützung seitens der Podenco- Orgas bekommt sie keine.
Sie ist also objektiv betrachtet auf die Euronen der KG’ler angewiesen, um effektiv weiter arbeiten zu können.

Hinzu kommt, daß die Vermittlungen vor Ort aufgrund der Finanzkrise in Spanien massiv eingebrochen sind.
Sogar so hübsche Zwerge wie Xabi…



… und Monique finden vor Ort kein Zuhause mehr, sondern sind mit Helene und mir nach KG-Land gereist.
Es sind wirklich schwierige Zeiten.

Zudem sind viele der Hunde wirklich „anspruchsvolle Felle“.
„Hunde für Jedermann“ sind bei unseren alten Freunden kaum dabei.

Was ich damit meine?
Nun, wir haben im Augenblick 47 Körbchensucher aus Almendralejo in der Vermittlung.
21 von ihnen sind als Welpe in die Perrera gekommen. Sie sind nicht sozialisiert. Sie sind nicht wirklich auf den Menschen geprägt. Die, die wir in der Vermittlung haben, lassen sich anfassen.
Doch ihre „Umgangsformen“ lassen sehr zu wünschen übrig.
Nicht mal Helene hat Freude daran sich mit den „Halbstarken“ zu beschäftigen.



Den Hunden fehlt jeglicher Respekt vor dem Zweibeiner. Logisch, wo soll er auch her kommen? Haben sie nie gelernt.
Aber einen „solchen Hund“ kann man nicht einfach an „Jedermann“ vermitteln. Gerade wenn Kinder im Haus sind, ist es unmöglich, weil für das Kind viel zu gefährlich.
Man braucht ganz besondere Menschen. Und die sind in der heutigen Zeit kaum zu finden.

Unter den 47 Körbchensuchern sind 19 dabei, wo man den Jagdhund gleich auf den ersten Blick sieht. Jagdtrieb ist nahezu garantiert.
Heutzutage muß jedoch jeder Hund ohne Leine laufen. Alles andere ist zu unbequem. Schließlich will man beim Spaziergang lässig die Hände in die Tasche stecken oder mit dem Ei-Fon spielen.



Dann sind da noch die Körbchensucher, die unsicher sind – wie Jairo…



… wo man jede Menge Aufbauarbeit leisten mußt. Geduld, Verständnis, Rücksicht sind über Monate gefordert. Solche Hunde „funktionieren“ nicht einfach. Man muß die eigenen Bedürfnisse und Wünsche komplett ausschalten, um einem solchen Hund gerecht zu werden.
Ich hab's ja gerade an Kevin und Tina gesehen, die beide länger als ein halbes Jahr in Zülpich waren, bis sie vermittelt werden konnten.
Und Kevin wird "problematisch" bleiben.

Solche Hunde muß man auf Händen tragen…



… bis sie auf eigenen Pfoten stehen können.

Marina steht natürlich eigentlich ganz gut auf ihren langen Beinen.
Womit wir beim nächten Problem wären.
Es sind fast nur große Hunde auf Körbchensuche.



Das paßt auch nicht für jeden.

Die Hunde zu vermitteln obwohl es nicht paßt, macht keinen Sinn. Denn immer wenn ich mal nicht auf meinen Bauch höre, geht hinterher die Vermittlung schief. Das ist eher kontraproduktiv für den Hund, der jetzt außer dem hin und her noch den Makel "Rückläufer" hat.

Also hoffen wir einfach mal, daß durch die neuen Körbchensucher, die in den kommenden Wochen online gehen, wieder mehr Menschen auf die Homepage kommen.
Und das bei diesen Menschen auch der eine oder andere dabei ist, der bereit ist wirklich ein „Leben für den Hund“ zu führen.

Dabei können – müssen – die KG’ler natürlich kräftig helfen. Nur durch „Werbung“, Aushang von Flyern, Mundpropaganda, etc. kann „Körbchen gesucht“ wieder an den Punkt kommen, wo wir Anfang des Jahres waren.

Natürlich sind die Körbchensucher auch wieder überall in den Internet-Portalen vertreten. Romy, Helene und Ulrike (siehe Rubrik Infos / Teamvorstellung) aktualisieren die Inserate täglich, damit die Menschen darüber stolpern.

Doch es sind auch in Deutschland schwierige Zeiten. Denn mittlerweile ist es fast schon „out“ einen Hund aus Spanien zu adoptieren.
Ein Rumäne muß es sein. Oder ein Bulgare.

Wir dürfen trotzdem die Hoffnung nicht aufgeben.

Genau wie Mada die Hoffnung nicht aufgibt, auf lange Sicht in den Köpfen der Menschen doch noch etwas verändern zu können.

Erneut war sie in Schulen, um mit Kindern zu sprechen.





Erneut waren Schulkinder in der Perrera, um über das Lebewesen (nicht Spielzeug) Hund etwas zu erfahren.





Mada’s Arbeitsweise ist also noch immer die Gleiche, wie vor den Ereignissen im ersten Quartal.
Noch immer tut sie das, was aus unserer (KG-) Sicht wichtig ist.
Die Hunde in der Perrera sind bestmöglich (nicht optimal aber bestmöglich) versorgt.
Es wird kastriert.
Es wird aufgeklärt.

Mada’s Arbeit ist also nach wie vor unterstützenswert.

Natürlich schmerzt es, die „podencoartigen“ Hunde zu ignorieren.





Doch den Hunden geht’s ja nicht schlecht, nur weil wir sie nicht mehr auf der Liste der Körbchensucher haben.

Sie profitieren ebenso vom gut gefüllten Lager, wie alle anderen.





Ihre Bäuche sind ebenso gefüllt, wie die der anderen Hunde.
Und wenn die Paten von KG die medizinische Versorgung der anderen Hunde wieder finanzieren, kann Mada ihre Ressourcen für die medizinische Versorgung der „podencoartigen“ Hunde verwenden.

Für manch einen ist das ein fauler Kompromiß.
Manch einer wartet auf eine Entschuldigung von Mada (die nicht kommen wird).
Das verstehe ich – menschlich betrachtet – sehr, sehr gut.

Doch es geht nicht um uns Menschen.
Es geht um die Hunde.
Um jeden einzelnen von ihnen.



Unser Ziel ist es, den Hunden hinter Gittern das Leben so artgerecht und lebenswert wie möglich zu gestalten.
Unser Ziel ist es, für den einen oder anderen ein passendes Körbchen in KG-Land zu finden.
Unser Ziel ist es, vor Ort etwas zu bewirken.

Also schalten wir die „Menschlichkeit“ aus.

Orientieren wir uns an den Hunden.
Auch wenn der Hund heute noch so mies behandelt wird, so wird er morgen doch erneut vertrauensvoll zu seinem Besitzer gehen.
Mit einer gewissen Vorsicht. Aber dennoch voller Hoffnung, daß die Mißstimmung ein einmaliger Ausrutscher war.

Gerade für die „hoffnungslosen Felle“ in Almendralejo sind die KG’ler die einzige Hoffnung auf ein annehmbares Leben.
Enttäuschen wir sie nicht.
Packen wir’s an!
2. Juni 2013