Almendralejo

13.-14. Juli 2013 - entweder oder

Fangen wir diesen Reisebericht mit eine Geständnis an.

In den letzten Wochen und Monaten seit dem Crash und dem Neustart war die Zusammenarbeit mit Mada ein einziger Eiertanz.

Das „Zwischenmenschliche“ hat sehr gelitten.
Doch Mada und ich wissen beide, daß die Hunde in Almendralejo ohne die Unterstützung von „Körbchen gesucht“ ein echtes Problem haben.

Vorrangig natürlich ein finanzielles Problem.

Die „Infrastruktur“, die baulichen Veränderungen, der Auslauf, das alles existiert und nimmt den Hunden auch niemand mehr weg.

Aber ohne die Euronen der KG’ler hat Mada keine Möglichkeit die Hunde auch in Zukunft auf einem gescheiten Niveau medizinisch zu versorgen.
Und ohne die bei KG gefundenen Körbchen würden noch einige Hunde mehr in Almendralejo hinter Gittern sitzen.
Mada hat eingesehen, daß die Trennung von KG in jeder Hinsicht ein Fehler war. Das hat sie zwar in ihrem Brief so nicht geschrieben. Aber gesagt hat sie es mir.
Mada weiß, sie braucht KG.
Und KG gibt’s eben nicht ohne mich.

Gleichzeitig weiß Mada, daß ich menschlich zutiefst enttäuscht bin und sie hat Angst, daß ich den Hunden in Almendralejo den Rücken kehre.
Zumal wir ja die Hunde in Santiago dazu bekommen haben.

Mein Problem ist anders aber doch ähnlich.
Auch ich wußte nicht recht, wie ich mit Mada umgehen sollte.
Denn ich weiß, ohne KG wird es den Hunden in der Perrera ganz schnell viel schlechter gehen.
Und, auch wenn’s vielleicht albern klingt, es sind alles meine Hunde.
Einige kenne ich schon seit fast vier Jahren.
Ich will sie nicht im Stich lassen.
Und ich habe Angst, daß Mada mich – die KG’ler – erneut vor die Tür setzt und die weitere Zusammenarbeit ablehnt.

So hätten wir noch eine Weile weiter eiertanzen können.

Doch das ist nichts für mich.
Wenn ich all mein Herzblut, meine Kraft, meine Energie in eine Sache stecke, dann muß ich auch dahinter stehen können.
Sonst ist das für mich nicht auszuhalten.

Zumal KG ohnehin eigentlich zu klein ist, um zwei große Tierheime im Ausland wirklich GUT zu betreuen.
Viele Paten sind abgesprungen.
Die Vermittlungen laufen teilweise schlechter als schleppend.
Und meine Kraft ist auch begrenzt.

Alles miese Aussichten.

Deshalb habe ich entschieden es drauf ankommen zu lassen.
Entweder Mada will wirklich erneut „richtig“ mit KG zusammen arbeiten, oder wir lassen es.
Ich bin also am 13. – 14. Juli mit „schwerem Gepäck“ nach Almendralejo geflogen.
Bei Aktuelles hatte ich am Tag vor der „tierischen Mission“ davon erzählt.

12. Juli 2013

Wer am Wochenende mailt, bitte nicht wundern, wenn ich nicht antworte.
Ich bin ja auf "tierischer Mission" in Almendralejo unterwegs.
Mada und ich müssen uns noch mal zusammen setzen und sehen, wer welche Ziele verfolgt.
Wenn diese (wieder) überein stimmen, müssen wir eine grundsätzliche Marschrichtung festlegen, wie diese Ziele erreicht werden können.

Für uns hier in KG-Land ist denke ich wichtig:
- daß der Auslauf wirklich ALLEN Hunden für einen möglichst langen Zeitraum, jeden Tag zur Verfügung steht. Deshalb haben wir ihn finanziert. Damit alle Hunde jeden Tag mehrere Stunden ihre kleinen Zwinger verlassen können.
- daß weiterhin kastriert wird
- daß weiterhin keine Welpen geboren werden
- daß Tierleid nicht verlängert wird. Wenn eine GUTE medizinische Versorgung unter den Umständen vor Ort nicht möglich ist, dann muß das Tier (egal ob Katze oder Hund) eingeschläfert werden
- daß (aus welchem Grund auch immer) unvermittelbare Hunde nicht "gehortet" werden. Die Perrera ist ein "Durchgangslager", kein Gnadenhof. Die daraus resultierende Konsequenz ist grausam. Doch es ist einfach nicht möglich alle Hunde zu retten.

Ich hoffe, mit diesen Punkten die Interessen möglichst vieler Hunde zu vertreten.
Die Hunde, die sterben müssen, sehen das anders. Ist mir klar. Und sollte es diese Wiese am Ende der Regenbogenbrücke geben, werde ich mich dort verantworten müssen.
Bis dahin aber müssen nach bestem Wissen und Gewissen Entscheidungen getroffen werden. Auch tödliche.

Sicher steht nicht jeder KG'ler hinter jedem dieser Punkte.
Das Herz blutet.
Doch wir müssen das Herz ignorieren und den Verstand einschalten.

Mal sehen, ob es gelingt.
Ich hoffe es sehr.
Denn ich kann nicht jeden Tag mein komplettes Leben in etwas investieren, wo ich nicht dahinter stehe.


Unter diesen nicht ganz einfachen Voraussetzungen haben Mada und ich uns zusammen gesetzt.
Und, was soll ich sagen, wir hatten ein wirklich gutes Gespräch.

Mada hat in allen Punkten zugestimmt.
Natürlich sind die Behandlungsmethoden des spanischen Tierarztes nicht mit denen eines deutschen Tierarztes zu vergleichen.
Kastrationen und Standartgeschichten sind kein Thema. Aber wenn’s kompliziert wird, wird’s gruselig.
Das müssen wir akzeptieren. Denn einen deutschen Tierarzt kriegen wir nicht nach Almendralejo.
Und alle verletzten oder kranken Hunde her holen geht auch nicht.
Dauert zum einen wegen der Einreisebestimmungen viel zu lang.
Und ist außerdem nicht zu finanzieren.

Aber ansonsten sagt Mada: I agree. I learned my lessons from the past.
Ich stimme zu. Ich habe meine Lektion in der Vergangenheit gelernt.

Ganz getraut habe ich den Worten nicht.
Doch Mada hat Taten folgen lassen.
Heute kam der Beweis.

Mada hat das erste „große“ Rudel zusammen gestellt, so daß die Hunde viel, viel länger im Auslauf sein können.



Zwanzig Hunde…
Fünf oder sechs Zwinger zeitgleich sind jetzt draußen in einer Parzelle.



SO war das gedacht.



Natürlich ist es nicht möglich, alle Hunde von heute auf morgen so zusammen zu würfeln.
Und mit manchen Hunden wird es gar nicht machbar sein, weil sie nicht wirklich einen gleichgeschlechtlichen Artgenossen dulden.

Da fallen mir vor allem die Mastins ein.
Tolle Hunde. Allerdings in der Auswahl ihrer Mit-Zwingergenossen ziemlich eigen.

Dennoch spricht für mich überhaupt nichts dagegen, jeweils ein Mastin-Pärchen abends / nachts im Auslauf zu haben.
Tagsüber gehen die beiden dann in einen der Zwinger und machen die Parzelle frei für ein großes Rudel.

So kann auch mit anderen „unverträglichen“ Hunden verfahren werden.
Allerdings können nicht unbegrenzt viele „solcher“ Hunde „gesammelt“ werden. Die Kapazitäten für Einzel- oder Paarhaltung sind nur begrenzt gegeben.

Das hat Mada eingesehen.

Und so hat Mada seit meiner Rückkehr schon einige Hunde eingeschläfert.
Auch einige Hunde, die sich nicht anfassen lassen wollten – nach Monaten in der Perrera – hat Mada eingeschläfert.
Das ist grausam und kaum zu ertragen.
Doch zum „Tierschutz mit Verstand“ gehört es einfach dazu.
Es ist eben nicht möglich alle Hunde zu retten.

Jedenfalls läßt mich die letzte „tierische Mission“ positiv in die Zukunft MIT Mada und den Hunden in Almendralejo blicken.



Wir sind beide Profi genug, um das „Zwischenmenschliche“ auszublenden und im Interesse der Hunde weiter zusammen zu arbeiten.

Gucken wir, was es als nächstes zu tun gibt.

Diese grüne „Plane“, von der ich so gar nicht begeistert war, ist in real gar nicht so grün, wie sie auf dem Bild aussieht.



Es ist auch weniger eine Plane, als mehr eine Art „Netz“.
Wasser (falls es mal ein Gewitter gibt) kommt durch, frische Luft kommt durch und der „Durchzug-Effekt“ (vorne und hinten offen, ähnlich wie ein Kamin) sorgt neben dem zusätzlichen Schatten auch für einen zusätzlichen leichten Windhauch.

Dieses Konstrukt ist durchaus ein Gewinn für die Hunde, die tagsüber in den Zwingern sein müssen.

An den Ausläufen stehen die ersten Reparaturarbeiten an.
Es gibt wieder größere Grabungsarbeiten, die zuverlässig geschlossen werden müssen, damit keiner stolpert und sich verletzt.



Und an den Zäunen muß einiges nachgebessert werden.





Solche Stellen gibt es leider einige.



Über das Verletzungsrisiko brauche ich nichts sagen, oder?



An einigen Stellen ist notdürftig geflickt worden.



Aber das ist nix Halbes und nix Ganzes.

Mehr als wichtig ist auch, daß die Kastrationen weiter gehen.



Die Almendralejo-Paten, die wir im Augenblick haben, reichen nicht aus, um das alles zu finanzieren.

Was ist denn mit den anderen Organisationen, die Mada helfen?

Da sind zwei Podenco-Orgas in Holland.
Außerdem hat sich noch eine Orga aus Frankreich gemeldet, die sich ebenfalls um die Podencos und um die Mastins kümmern will.

Die Galgo-Orga ist nach wie vor in Almendralejo engagiert.
Und sie macht ihre Arbeit gut.
Bei der Finanzierung des Auslaufes und diverser anderer Dinge haben sie geholfen.
Und sie tragen alle Kosten, die durch die Galgos entstehen.

Doch beide Podenco-Orgas und auch die Mastin-Orga arbeiten anders.
Sie bieten die Hunde lediglich zur Vermittlung im Internet an. Im Fall einer Vermittlung muß Mada zuzahlen.
Investitionen vor Ort sind in keinster Weise geplant.

Tierschutz kann man eben so und so betreiben.

Wobei wir uns um die Podenco- Mastin- Orgas nicht wirklich Gedanken machen müssen. Die Anzahl der Vermittlungen kann man bisher bei drei Orgas zusammen locker an einer Hand abzählen.
Das hatte sich Mada sicher anders vorgestellt.

Vielleicht schläft das auch irgendwann ganz ein, und wir kriegen die Podis wieder.
Abwarten.

Allerdings gibt es auch ohne die Podis mehr als reichlich Körbchensucher gibt in Almendralejo.

Leider – und auch das weiß Mada – sind viele der Hunde für ein Leben in Deutschland überhaupt nicht geeignet. Sie sind völlig „unzivilisiert“ und nicht wirklich auf den Menschen geprägt.

Die einzige Chance für solche Hunde wäre, daß sie vor Ort auf eine Finca vermittelt werden.
Dort können sie „am Haus“ leben, müssen aber weder Kommandos lernen noch Gassi gehen noch sonst sich wirklich intensiv mit dem Menschen beschäftigen und an den Menschen binden. Und auch der alltägliche „Input“ (die Umweltreize) würden sich massiv in Grenzen halten. Autofahren, alleine bleiben, das Leben im Haus – kein Thema.
Zugegeben, eine qualitativ schlechte Vermittlung.
Dennoch die einzige Chance.

Die meisten Hunde, die in der Perrera aufgewachsen und erwachsen geworden sind, gehören in diese Kategorie.
Solche Hunde zu zivilisieren ist eine Aufgabe für ganz besondere Menschen mit Hundeerfahrung und ohne jegliche Ansprüche.
In Deutschland gibt’s kaum solche Menschen.

Gibt es dennoch Hoffnung?

Nun, wir haben ein „neues“ Tierschutzgesetz.
Zukünftig bedarf der, der „Wirbeltiere aus dem Ausland einführen will“ der Genehmigung des Amtsvets. Und der rückt selbige nur raus, wenn die Person wirklich die entsprechenden Fähigkeiten hat.
Ich hoffe sehr, daß nach Ablauf der Übergangsfrist die ganzen „hundevermittelnden Hausfrauen mit viel Herz und Mitleid aber ohne Ahnung“ von der Bildfläche verschwinden.
Das wird noch eine kleine Weile dauern, aber immerhin gibt es einen Silberstreifen am Horizont.

Und ich hoffe außerdem, daß einige der abgesprungenen Paten erneut eine Patenschaft übernehmen wenn sie sehen, die Zusammenarbeit zwischen KG und Mada hat doch wieder Bestand.

Ich denke, Bestand hat sie.

Frau Digger, die mich erneut nach Almendralejo begleitet hat, denkt das auch.



Vielen Dank für's mitfliegen.

31. Juli 2013