The B-Brothers


Februar 2005


Ende September 2004 kam ein Anruf von der Finca: „Wir haben eine Podenca mit zwei Welpen aufgenommen“. Die kleine Familie war von einem Züchter ausgemustert worden. Die Hündin, die schnell den Namen Amrei bekam, war schon älter und die beiden Welpen waren beides Rüden. Also unnütze Futtervernichter. Baldin und Baldur waren vielleicht vier Wochen alt. Auf tapsigen, kleinen Beinchen erkundeten sie die Welt. Eigentlich ist daran nichts besonderes. Dauernd ziehen ungewollte Welpen auf der Finca ein. Aber als die ersten Bilder von den B- Brothers kamen, waren wir doch total begeistert.
„Sind die süß!!!! Wie kann man so niedliche Hundebabys nur entsorgen?“ Wer will uns angesichts solcher Fotos verdenken, daß wir uns in die beiden verguckt haben. Dennoch haben wir gehofft und gefleht, daß Baldin und Baldur direkt von Ibiza aus in ihr neues Zuhause ziehen konnten. Doch wie das mit Wünschen so üblich ist, gehen die wenigsten in Erfüllung. Alles fing damit an, daß wir keine Flugpaten hatten. Die Hunde stapelten sich auf der Finca. Und so wurde beschlossen, daß Kurier geflogen wird. An einem Tag mit den Hunden nach Deutschland, am anderen Tag mit „Hilfsgütern“ zurück auf die Insel.
Damit sich solche Flüge überhaupt finanzieren lassen, müssen mindestens drei Hunde fliegen. Besser noch vier. Und so kam der Gedanke auf, die inzwischen reisefertigen B- Brothers in einer Transportbox nach Deutschland zu fliegen. Für die Hunde war das klasse. Denn sie konnten sich gegenseitig während des unheimlichen Fluges beistehen. Mein Mann und ich waren allerdings weniger begeistert. Wer schon mal einen Welpen im Haus hatte weiß, wie viel Arbeit so ein junger Hund macht. Und dann gleich zwei auf einmal? Na gut, wir ließen uns breit schlagen. Denn Baldin und Baldur brauchten schließlich ein Zuhause. Und wenn die beiden Racker erst mal in Deutschland waren, würden in einem auch die Vermittlungschancen steigen. Und so kamen die B- Brothers zu uns. Du lieber Himmel. Keine ruhige Minute war seit dem mehr für uns drin. Noch niemals hatten wir Hunde zu besuch, die dermaßen beschäftigt waren.
Die beiden rannten von A nach B. Bei B angekommen stellten sie fest, daß sie in C unbedingt etwas erledigen mußten. Und kaum bei C angekommen stellten sie fest, daß sie in A irgendwas vergessen hatten. Kauknochen, Knotentaue, Papprollen und auch alles andere, was nicht niet- und nagelfest war, wurde unablässig hin und her transportiert. Schnell wurde uns klar, warum ausgewachsene Podencos so viel schlafen. Sie holen den Schlaf ihrer Kindheit nach. Wobei es gleichzeitig für uns ein großes Glück war, daß die B- Brothers tagsüber so beschäftigt waren. So war uns wenigstens unsere Nachtruhe gegönnt. Gerne betätigten sich die B- Brothers auch als „Schredder“. Ich weiß gar nicht wie viele Pappkartons die beiden in Konfetti verwandelt haben. Und war kein Pappkarton mehr da, machten sie sich eben über die Tapete her.
Wobei es interessant war, die beiden zu beobachten. Baldin war mehr der Stratege. Er setzte sich auch schon mal hin und dachte angestrengt darüber nach, welchen Blödsinn er wohl wie am besten anstellen konnte. Baldur hingegen war eher der Draufgänger. Wenn ihm irgend etwas in den Sinn kam, wurde es auch sofort ausgeführt. Über mögliche Konsequenzen machte er sich keine Gedanken. Den B- Brothers haben wir es auch zu verdanken, daß unser Garten jetzt endlich einen Zaun hat. Über 150 Hunde hatten wir schon zu Gast. Alle haben den kniehohen Jägerzaun zu unserem Nachbarn akzeptiert. Nicht so die B- Brothers. Nachdem es uns zu lästig war, ständig durchs Gebüsch zu klettern und die Jungs wieder einzufangen, haben wir Mitte Dezember im Dauerfrost einen Zaun gezogen. Damit blieben zumindest unsere Nachbarn zukünftig von Besuchen der B- Brothers verschont. Dann kam der Tag der „kaputten Ohren“. Als wir abends ins Bett gingen, war alles noch okay. Und als wir morgens auf standen, waren Baldins Ohren „kaputt“. Wie Kraut und Rüben hingen sie plötzlich an seinem Kopf. Fassungslos blickten wir auf die ehemals stehenden Podenco- Ohren.
Gleichzeitig war uns klar, daß diese „Schlapp- Knick- Hänge- Ohren“ Baldins Vermittlungschancen rapide vergrößert hatten. Und wir hatten Recht. Kaum war sein „Ohrensalat“ im Internet zu sehen, meldeten sich auch schon Leute, die genau wegen der Ohren begeistert von Baldin waren. Und so hatte Baldin das Glück, Weihnachten in seinem neuen Zuhause zu verbringen. Baldur hingegen blieb uns erhalten. Ohne seinen Bruder war er jedoch bedeutend ruhiger und entdeckte, wozu man ein Hundekörbchen verwenden kann. Die Tapeten- Abzupf- Aktionen wurden merklich weniger. Und auch ansonsten viel Baldur nur noch halb so viel Blödsinn ein. Er wurde quasi erwachsen.
Nach Weihnachten fand dann auch Baldur ein prima Zuhause bei Podenco- Erfahrenen Leuten. Kaum dort angekommen viel ihm all der Blödsinn wieder ein, den er mit seinem Bruder gemacht hatte. Und dennoch lieben ihn seine Menschen sehr. Kurz nach Neujahr kamen dann auch die ersten Bilder von unserem „Krautohr“ Baldin. Und was soll ich sagen? Die Ohren standen wieder kerzengerade, senkrecht in die Luft. Ich hatte ja gesagt, Baldin war der cleverere der beiden B- Brothers. Da hat er seine Ohren „umgestaltet“, um schneller ein neues Zuhause zu finden. Und kaum hatte er dieses, hat er seine Ohren wieder hin gestellt. Die B- Brothers waren wirklich unglaublich. Sind sie noch heute. Wir haben beide Hunde ganz fest in unser Herz geschlossen. Und wir sind mehr als froh, daß beide ein so super Zuhause gefunden haben.