Luzy - und der Feuerdoc


25. April 2006


Jeder der mich kennt weiß, dass schon berufsbedingt mein Glaube an die „Dinge zwischen Himmel und Erde“ nur äußerst mangelhaft ausgeprägt ist.

Genau deshalb ließ ich meine über 12 Jahre alte Podi-Mix-Dame Luzy auch so behandeln, wie es mir bei der Übernahme von Frau Ackermann gesagt worden war: Mit Pillen für das Herz, gegen die Inkontinenz, für die Leber und sündhaft teurem Spezialfutter für die Nieren. Diese Behandlung bescherte meinem Doc mindestens die Sitzheizung für seinen neuen Porsche Cayenne, wenn nicht gar das Navigationssystem ;-) Aber ich bin ja großzügig !

Mit Tränen in den Augen musste er uns dann letzten Herbst verabschieden wegen meinem Umzug in eine ganz andere Gegend. Ich war echt gerührt, wie sehr ihm Luzy ans Herz gewachsen war.......

Dann ging es also los mit der Suche nach einem neuen Doc, den wir glücklich machen konnten.





Durch Zufall gerieten wir an einen polnischen Doktor, der traditionelle chinesische Akupunktur anwandte und sogar an irgendeiner chinesischen Universität als Gastprofessor lehrt. Bei unserem ersten Besuch wollte ich eigentlich nur neue Medikamente für Luzy holen, was mir einen überaus lebhaften Vortrag mit starkem polnischen Akzent in der Geschwindigkeit eines Maschinengewehres bescherte. Ich muss gestehen, irgendwann habe ich die Ohren einfach zugeklappt und weiß jetzt, wie es Hunden mit ewig brabbelnden Herrchen oder Frauchen ergeht.

Aber seine Frage am Schluß: „Sind Sie mutig ?“, die bekam ich ganz genau mit. So etwas lasse ich mir nicht zweimal sagen!

Die erste Sitzung begann damit, dass Luzy gegen die Inkontinenz genadelt wurde. Sie fand das gar gruselig und versuchte sogar, mit ihren Stummelzähnchen nach dem armen Doc zu beissen.





Ich erhielt danach die Order, die Tabletten gegen die Inkontinenz sofort und komplett wegzulassen. Mit der Drohung, er müsse bei mir putzen kommen, verabschiedete ich mich vom Doc, der nur wissend lächelte.

Und es passierte, womit ich ehrlich gesagt nicht gerechnet hatte: Luzy hielt „dicht“. Den nächsten Tag, den übernächsten Tag, die ganze Woche, die ganze Zeit. Ständig.

Keine Tabletten gegen Inkontinenz mehr.

Jetzt wollte ich es aber doch wissen !

Also wieder zum Doc, der mich mit einem breiten Grinsen empfing, da ich ihn ja nicht für eine Putzorgie angerufen hatte.

Gemeinsam gingen wir nun ihre anderen Probleme mit der Leber und den Nieren an. Es wurden hier Nadeln gesetzt und dort, immer begleitet von einem wissenschaftlichen Vortrag in D-Zug-Geschwindigkeit, während Luzy alles tapfer ertrug.


Und bei der letzten von 3 Sitzung kam es dann zum ultimativen showdown.

Es wurde eine recht große Nadeln in den Rücken kurz vor der Schwanzwurzel gesetzt. Dann kam der Doc mit etwas, was er „chinesische Kerze“ nannte und über die Nadel gestülpt wurde.

Und dann, ja dann zündete er die Kerze an ! Mir blieb fast das Herz stehen und ich rief voller Entsetzen: „Was machen Sie denn da ? Sie zünden mir den Hund an !“ Diese Kerze stank fürchterlich und binnen kurzer Zeit kam ich mir vor wie in einer altchinesischen Opiumhöhle (obwohl ich noch nie in einer war).

Ich war außer mir ! Das ging dann doch zu weit mit dem ganzen Hokuspokus !

Aber der Doc beruhigte mich und erklärte mir diesmal in Intercity-Geschwindigkeit, warum und wofür.

Die „Kerze“ brannte bis zum Ende ab, zerfiel zu Asche und Luzy schaute nur mit großen Augen, tat aber keinen Mucks.

Tja, und wenn ich auch vor Entsetzen nicht viel mitbekommen habe, ist es doch Tatsache, dass Luzy seitdem keinerlei Tabletten und Spezialfutter mehr braucht. Ihre Werte sind in Ordnung und sie schafft immer noch Spaziergänge von bis zu anderthalb Stunden.

Natürlich gibt es auch Tage, da geht es ihr einfach nicht so gut. Da ist sie lustlos, müde und schlapp. Auch stellen sich nunmehr doch immer mehr Alterswehwehchen ein.



Aber wenn solche „Schlapptage“ länger andauern, fahre ich kurzerhand zu meinem chinesisch-polnischen Doc und lasse Luzy anzünden.

Danach hüpft sie wie eine Elfe.


Na ja, fast ;-)

Sicherlich ist diese Methode nicht für jedes Tier und jede Erkrankung geeignet.

Aber bei Luzy hat sich der „Blick über’n Tellerrand“ wirklich gelohnt und der arme chinesisch-polnische Doc fährt immer noch mit einem alten Kadett-Kombi rum.......