Xenon - edel wie das Gas


Dezember 2005


Jetzt ist es ziemlich genau 4 Monate her, daß Xenon ausgezogen ist.
Und ich muß zugeben, er fehlt mir noch immer.
Dabei sind Schäfer- Mixe eigentlich überhaupt nicht meine Hunde.
Ist eine Geschichte aus meiner Vergangenheit. Als ich Kind war, hatte unser Nachbar so einen „typisch deutschen Schäferhund“, der im Zwinger gelebt und Krach geschlagen hat, so bald man nur in die Nähe kam. Verständlicher Weise.
Dennoch war mir dieser Schäferhund immer ein bißchen unheimlich. Und daß ist leider hängen geblieben.
Aber ich schweife ab, wollte ich doch die Geschichte von Xenon erzählen.

Xenon ist etwa im Oktober 2003 geboren. Mit einer Schulterhöhe von etwa 70 cm ist er schon ein stattlicher Hund.
Xenons Frauchen auf Ibiza war eine Stewardeß. Lange Zeit hat sie nur die Kurzstreckenflüge betreut, so daß Xenon nur in akzeptablem Maße allein zuhause bleiben mußte. Doch dann wurde Frauchen auf eine andere Route versetzt. Sie war den ganzen Tag unterwegs. Und so mußte Xenon gehen.
Das erste Foto, das von der Finca kam, war schon irgendwie beeindrucken.
Der Hund strahlte eine unglaubliche Würde aus.
Eine Gelassenheit.
Eine Souveränität.
Okay, über die Haltung der Pfoten kann man streiten.
Aber trotzdem wirkte Xenon irgendwie edel.
Zu dem Zeitpunkt lag der Gedanke, Xenon zu mir in die Pflegestelle zu holen, noch in ganz weiter Ferne.
Denn es war klar, daß Xenon nicht so ganz einfach zu vermitteln sein würde.
Außerdem gibt es große Schäfer- Mixe in Deutschland mehr als genug. Da stellt sich die Frage, ob es tatsächlich sinnvoll ist, solche Hunde auch noch zu importieren.
Ist aber eine Diskussion, die an andere Stelle gehört.
Jedenfalls wurde mit Xenon „kurzer Prozeß“ gemacht. Ich habe ihn im Internet „verteilt“ und zur Vermittlung angeboten.
Wie erwartet tat sich nichts.
Und dann?
Dann war ich auf der Insel und habe Xenon persönlich kennen gelernt.
Ein Traum von Hund.
Von der Optik her ganz viel Schäferhund – bis auf die großen Ohren.
Aber vom Wesen her ganz viel Podenco.
Und noch viel souveräner, als ich ihn mir vorgestellt habe.
Xenon ließ sich alles gefallen.
Man konnte ihm die kleinsten Futterbrocken aus der Schnauze pulen.
Und dennoch hatte er eine unglaubliche Ausstrahlung.
Eine Würde und eine Eleganz.
Ich weiß, das liest sich sehr schwachsinnig.
Aber jeder, der Xenon kennen gelernt hat, kann diesen Eindruck bestätigen. Irgendwie hatte der Hund eine ganz besondere Aura.
Und um mich war’s geschehen.
Allen Prinzipien zum Trotz ließ ich Xenon kommen.
Eine Freundin holte ihn für mich am Flughafen ab und war völlig begeistert. Gerne hätte sie Xenon selbst in Pflege genommen. Aber da gab’s einen rüdenunverträglichen Rüden bei ihr zuhause. Und so kam Xenon, wie geplant, im März 2005 zu mir.
Damit begann die lange Zeit des Wartens.
Und mit jedem Tag, an dem sich niemand meldete, schlich sich Xenon mehr in mein Herz.
Und in das meines Mannes auch.
Die beiden verlebten sogar einen gemeinsamen Wiskey- Abend.
Xenon hatte überhaupt kein Problem mit unserem Kater.
Er arrangierte sich ohne Probleme mit allen Hunden, die während seiner Zeit bei uns zu Gast waren.
Gerade zu Welpen war Xenon ganz besonders nett.
Und die Tage vergingen.
Xenon fühlte sich immer heimischer hier.
Obwohl wir bewußt mit den Hunden nicht arbeiten, um die Bindung zwischen uns nicht zu sehr zu verstärken, lernte er einige Kommandos einfach so „nebenbei“.
Souverän und lässig, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt.
Autofahren war kein Problem.
Alleine bleiben konnte er auch.
Kinderkompatibel.
Katzenverträglich.
Mit anderen Hunden absolut problemlos.
Und dennoch meldete sich niemand, der Xenon adoptieren wollte.
Nirgends war ein Körbchen für Xenon in Sicht.
Dabei wäre Xenon auch mit einem kleinen Körbchen zufrieden gewesen. Schließlich kann er seine Beine zweimal zusammen falten und hinter den Ohren einhaken. Dann hat er die Größe eines Yorkies.
Aber egal, welchen Text wir im Internet veröffentlichten.
Egal, welches Foto wir einsetzten.
Niemand interessierte sich für Xenon.
Xenon fand das gut.
Er genoß das Leben bei uns.
Er hatte süße Träume von Kauknochen und Leckerlie.
Mein Mann und ich fanden uns schon damit ab, daß Xenon der erste Hund sein würde, für den wir kein neues Körbchen finden würden.
Nun gut.
Sie werden sich jetzt so langsam die Frage stellen, warum ich das alles schreibe.
Wo bleibt die Geschichte zwischen den schönen Bildern?
Und wo bleibt das Happy End?
Denn es gibt ein Happy End.
Habe ich ja oben schon geschrieben.
Mitte August 2005 ist Xenon ausgezogen.
Das war allerdings reiner Zufall.
Die Leute, die Xenon adoptiert haben, und ihn heute über alles lieben, waren nämlich wegen eines anderen Hundes bei mir.
Dann haben sie Xenon kennen gelernt und festgestellt, was für ein großartiges, edles Tier er ist.
Spontan bis über alle Ohren verliebt haben sich die Leute.
Und das ist gut so.
Xenon hat das bester Körbchen bekommen, das man sich nur für ihn wünschen darf.
Aber dennoch...
Und das ist der Grund, weshalb ich diese Geschichte schreibe.

NIE war jemand da, der Xenon kennen lernen wollte.

NIEMAND wollte einen großen Schäferhund- Mix.

ALLE haben sich von seiner Optik abschrecken lassen.

Und genau das ist es.
Ich möchte Sie bitten, bei der Suche nach einem vierbeinigen Freund, nicht nur auf die Optik zu achten.
Der Charakter sollte ausschlaggebend sein.
Ist es nicht egal, ob man von einem schwarzen oder von einem weißen Hund die Hand geleckt kriegt?
Ist es nicht völlig unerheblich, ob man von einem getupften oder einem karierten Hund beim Spaziergang begleitet wird?
Ob längsgestreift oder quergestreift?
Ob grün, rot oder gelb?
Das sehen Sie abends sowieso nicht, wenn Sie gemeinsam mit Ihrem Vierbeiner auf dem Sofa liegen und Fernsehn gucken.
Oder?

Jetzt aber schnell noch Xenons Happy End.

Dazu möchte ich einen Text zitieren, der in seiner ersten Vermittlungsanzeige stand.

„Mein Gang wirkt aufgrund meiner langen Beine irgendwie edel. Und wenn ich die Möglichkeit habe richtig zu laufen, bin ich einfach nur wundervoll anzusehen – wie ein edles Pferd. Wenn Sie sich dann noch den Sonnenuntergang am Strand hinter meiner Silhouette vorstellen...“

Manche Wünsche werden wahr.