Bonos erste Woche im neuen Leben

Vor genau sieben Tagen am späten Abend landete ein Flieger mit kostbarer Fracht auf dem Flughafen Köln/Bonn. Nicht lange danach nimmt Steffi Ackermann ihre Schützlinge Flips, Coll und Bono in Empfang. Von Flips und Coll wird man an anderer Stelle lesen, unsere Chronik folgt Bono, dem „fröhlichen Früchtchen“.
Kurz nach Mitternacht eine erste E-Mail von Steffi an uns: Bono ignoriert Mr. Spock, den Hauskater. Klingt gut im Hinblick auf unsere Mizzi, wir sind gespannt. Schon am Nachmittag lernen wir uns dann persönlich in Zülpich kennen. Und Bono hat eine gewinnende Art; wir sind schnell eingenommen von seinem Charme, aber auch seiner Eigenständigkeit. Wenige Stunden später schießt Steffi Ackermann die obligaten Abschiedsfotos von uns, und wir machen uns zu dritt auf den Weg.



Bono bringt die Autofahrt mit Anstand hinter sich. Schütteln, Schnüffeln, dann Hochrecken und ein paar Streicheleinheiten abholen. Das ist überhaupt das Beste, immer wieder steht Bono auf den Hinterbeinen, schmiegt sich an und lässt sich kraulen. Das kann er endlos und immer wieder tun. Und manchmal steht er nur so auf den Hinterbeinen, frei ohne Anlehnen. Ob er in einem früheren Leben im Zirkus aufgetreten ist?



Den ersten Abend verbringt Bono mit uns in der Küche. Alles sooo fremd. Immer wieder dreht er seine Runde, muss alles untersuchen und beschnüffeln. Zwischendurch holt er seine Schmuseeinheiten ab, wir gehen auch alle paar Stunden in den Garten. Er ist erstaunlich entspannt, legt sich auch öfters mal hin und schläft ein bisschen. Das neue Futter ist ihm auch erst fremd, aber dann haut er sich den Bauch voll. Wie haben dann alle eine ruhige, wenn auch kurze Nacht.
Am nächsten Tag gehen für Bono nach und nach alle Türen auf. Er erkundet die anderen Räume, er erkundet Hof und Garten, er macht seine ersten Spaziergänge im Viertel. Alles muss ausgiebig beschnüffelt werden. Gut Ding will Weile haben. Mal stehen wir, weil hund das nächste Grasbüschel untersuchen muss, mal stehen wir, weil mensch sich wieder aus der Leine auswickeln muss. Es ist sehr aufregend. Noch sind die Temperaturen mäßig bei -3 Grad.
Aber in den nächsten Tagen wird es auch im Rheinland kälter: -11 Grad und mittags bei Sonne höchstens -6 Grad. Bono scheint das wenig auszumachen. Er bewegt sich mehr und schneller. Außer Pflege für seine Pfotenballen braucht er offenbar nichts gegen die Kälte. Ganz entspannt lässt er sich die Pfoten einschmieren (das könnte der Katze nicht passieren). Von Melkfett oder Labello nehmen wir schnell wieder Abstand, nachdem einige Hosen vorzeitig in die Wäsche mussten. Aber Hirschtalg funktioniert bestens, altes Mittel der Bergwanderer.



Bono liebt es, im Garten herum zu tollen, überall duftende Erde und raschelndes Laub.

Bono haut sich öfter mal aufs Ohr. Er schläft gerne eine Runde zwischendurch. Dann schnuffelt er wie beim Spazierengehen, manchmal zuckt seine Nase und seine Pfoten tänzeln. Nach den langen Monaten in der Betonwüste der Perrera hat er jetzt so viele Sinneseindrücke – das gibt bestimmt farbenfrohe Träume. Aber soll niemand denken, er sei „abwesend“, nur weil er schnarcht. Nicht ein einziges Mal gelingt es mir, mich leise zu entfernen, um z.B. mal ins Bad zu gehen. Ehe ich mich umsehen kann, ist er auf und hinter mir und passt auf, was jetzt läuft.



Kuscheln auf dem Sofa ist auch prima, es darf auch ein bisschen enger sein.
Am dritten Tag entdeckt Bono die Geschwindigkeit: Er rennt den Hof entlang, Vollgas dass die Ohren fliegen. Dann einen Haken schlagen quer über die Beete, und zurück. Am Wendepunkt eine wuselige Pirouette, immer dem Schwanz nach, dann entfaltet sich der Wuschelball und fliegt wieder die Piste entlang. Die Meisen zetern, das Laub fliegt und ein kleiner schwarzer Hund hat einen Heidenspaß.
Und am vierten und fünften Tag kommt Bono auf den Ball. Anfangs tapst Bono mit den Pfoten danach wie eine Katze. Das Ding flutscht aber immer weg. Macht auch Spaß. Aber am nächsten Tag entdeckt Bono, dass er den Ball besser mit dem Maul zu packen kriegt. Der muss doch klein zu kriegen sein! Das soll Bono aber schön sein lassen, oranges Plastik tut nicht gut im Magen. Wegnehmen, Werfen, Rennen, Fangen,... und dann wird daraus ein wunderbares Ballspielen.



Bono rettet einem Igel das Leben: ohne den späten Gang in den Hof hätten wir den Igel gar nicht bemerkt. Bono sieht ihn und untersucht das pieksige Ding. Da sind nicht nur die spitzen Stacheln, der Igel stupst auch damit. Gemein. Ein Igel, der bei -11 Grad rumkraucht, ist in Not. Wir holen uns Rat bei der Igelhilfe des BUND und der Tierärztin. Jetzt haben wir den stacheligen Kerl in Pflege bis zum Frühling.
Und dann am 5. Tag ein Besuch bei meiner Mutter im Altenheim. Die alte Dame im Rollstuhl hat einen schlechten Tag, sie wirkt müde und teilnahmslos. Bono ist freundlich und entgegenkommend. Er stellt sich bereitwillig am Rollstuhl hoch und erwartet seine Streicheleinheiten. Die alte Dame lächelt, sie streichelt versonnen das weiche Fell. Die Freude bringt wieder Farbe in ihr Gesicht. Dann gibt es Tee und Apfelkuchen, während Bono auf seiner Decke am Fenster liegt und in den Wald hinausschaut. Bono ist einfach perfekt.
Und natürlich lernt Bono die Mizzi kennen: Schon bei unserer Rückkehr aus Zülpich kommt sie freudig zur Begrüßung die Treppe runter. Aber als sie uns in Begleitung eines fremden, schwarzen Pelztiers sieht, werden ihre Augen ungläubig groß. Sie fängt an zu zischeln wie eine Schlange, dann kommt ein tiefes Grollen. Die Begrüßung ist ihr verhagelt. Und der Eindringling geht auch an den kommenden Tagen nicht weg. Mizzi kommt gelegentlich gucken, aber immer aus sicherer Entfernung. Einmal schleicht sie sich nachts an das schlafende schwarze Tier an; aber der ist gleich blitzwach und möchte seinerseits mal an ihr schnuppern. Mizzi flieht. Das nächste Treffen erwischt Mizzi bei der Siesta. Sie ist im Nu auf, buckelt sich auf doppelte Größe und faucht aus ganzer Seele. Bono geht seitwärts – tumtidum – und guckt weg; er hätte ja gerne mal freundlich geschnuppert, aber Ignorieren ist jetzt seine kluge Entscheidung.
Ja, diese Beziehung ist noch eine Baustelle, darüber können wir hoffentlich in einigen Wochen eine Erfolgsstory erzählen.