Tierheim Komarno


Februar 2007


Ich weiß, er ist längst überfällig, der Bericht aus Komarno.
Aber jetzt kommt er ja endlich.


Viel ist passiert im letzten halben Jahr.
Und Vieles ist auch gleich geblieben.
Leider.


Die Flut der ungewollten Hunde reißt nicht ab.
Regelmäßig kommt Agnes morgens ins Tierheim und findet Hunde, die draußen angebunden oder einfach über den Zaun geworfen worden sind.

Da ist zum Beispiel die Geschichte von Cora und ihrer Rasselbande.
Am zweiten Weihnachtstag kam Agnes morgens ins Tierheim.
Vor dem Tierheim fand sie Cora, eine Rottweilerhündin.
Die war jedoch nicht alleine, sondern hatte 6 Welpen im Schlepptau.
Da war guter Rat teuer.


Denn Cora hatte natürlich Angst um ihre Babys.
Und Agnes war eine unbekannte Rottweilermama auch nicht ganz geheuer.
Mit viel Zureden gelang es Agnes schließlich in einer zwei Stunden dauernden Prozedur die kleine Familie in den hinteren Teil des Tierheims zu locken.
In dem großen Gehege machten sich die Hunde dann über die gut gefüllten Näpfe her, um sich anschließend zufrieden in einer der Hütten zu einem Schläfchen zusammen zu rollen.

Es dauerte nicht mal zwei Tage, da hatte Agnes das Vertrauen der Rottweilerhündin gewonnen.
Die Welpen konnten medizinisch versorgt werden.
Und auch Cora, die den einen oder anderen Kratzer hatte, konnte behandelt werden.


Nach und nach fanden sich Abnehmer für fünf der Welpen.
Nur „Nummer sechs“ wollte niemand haben.


Um so größer war Agnes Erstaunen, als sie Ende Januar ins Tierheim kam.
Cora war da.
Aber „Nummer sechs“ war verschwunden.
Jemand hatte den Welpen in der Nacht zuvor gestohlen.
Leider kein Einzelfall.

Und was anschließend passierte, ist ebenfalls Alltag in Komarno.
Wenige Tage später war „Nummer sechs“ morgens plötzlich wieder da.
Die Diebe hatten den Welpen zurück gebracht.
Warum?
Weil „Nummer sechs“ eine Hündin ist.
Das hatten die Diebe in der Nacht des Diebstahls wohl übersehen.

So hat „Nummer sechs“, die mittlerweile den Namen Corina (die kleine Cora) bekommen hat, doch noch die Chance auf ein „gutes“ Zuhause.


Und auch Cora braucht ein neues Körbchen.
Da sie mittlerweile kastriert ist, sind ihre Chancen gar nicht so schlecht.
Denn noch mal wird sie ganz sicher nicht schwanger.


Mit Cora und Corina hat Agnes im Augenblick 54 Hunde im Tierheim zu betreuen.

Dies macht sie mehr oder weniger allein.
Denn Susi, die noch im vergangenen Winter im Tierheim geholfen hat, hat im letzten Frühjahr die Arbeit aufgegeben.
Ich hab’s irgendwie vergessen zu erzählen.

Agnes, die eigentlich Lehrerin ist, mußte darauf hin im vergangenen Sommer ihren Job aufgeben.
Sie schuftet tagsüber im Tierheim und versorgt die Hunde.
Nachts sitzt sie zuhause und macht einigen Firmen die Buchhaltung.

Bei der Arbeit mit den Hunden im Tierheim wird Agnes von Herrn Toth unterstützt.
Er ist nicht wirklich freiwillig im Tierheim, sondern hat diese Arbeit vom Arbeitsamt zugewiesen bekommen. Eine ABM- Maßnahme für einen Langzeitarbeitslosen.
Quasi ein „Ein- Euro- Jobber“, wie man bei uns sagen würde.



Herr Toth geht liebevoll mit den Hunden um und ist Agnes beim Reinigen der Zwinger und beim Füttern der Hunde eine große Hilfe.
Allerdings ist er leider nicht so wirklich zuverlässig – kommt er heute nicht, kommt er vielleicht morgen.
Und Agnes muß ihn ständig beaufsichtigen.

Aber zumindest kann er ihr beim Tragen der schweren Sachen helfen.
Das ist doch auch schon mal was.


Neben all der anderen Arbeit ist Agnes natürlich auch zuständig für die Fahrten zum Tierarzt.
Da sitzt sie allerdings nicht im Wartezimmer und wartet, bis der Hund behandelt ist.
Nein, sie ist als OP- Schwester bei jeder Kastration dabei und reicht dem Doktor Skalpell, Tupfer, Nadel und Faden.

Ich gehe mal davon aus, daß ich das nicht könnte.
Denn eine ohnmächtige OP- Schwester ist im OP nicht zu gebrauchen.

Agnes MUSS aber.
Denn außer ihr ist niemand da, der dem Tierarzt assistieren könnte.
Aber Agnes klagt nicht.
Sie nimmt die Situation wie sie ist und macht das beste daraus.


Allerdings macht Yvonne sich so ihre Gedanken.
Denn was passiert, wenn Agnes mal ausfällt?
Es gibt niemand, der den Job im Tierheim übernehmen könnte.
Und jemand einzustellen, der ein bißchen motivierter und zuverlässiger ist, als Herr Toth, kostet zwischen 200 und 250 Euro im Monat.
Das kann Agnes sich nicht leisten – trotz der Schutzgebühren, die regelmäßig von uns ins Tierheim kommen.


Also hat Agnes einfach mit sich selbst die stille Vereinbarung getroffen, daß sie eben nicht ausfällt.

Der milde Winter hat dem Tierheim gut getan.
Dieses Jahr ist das Wasser nicht eingefroren.


Das bedeutet für Agnes eine ganze Menge Arbeit weniger, weil sie das Wasser nicht in großen Kanistern ins Tierheim karren muß.

Und auch für die Hunde war der milde Winter angenehm.
Die Zwinger sind nicht zugeschneit, sondern nur ein bißchen gepuderzuckert.
Und selbst das war nach wenigen Tagen wieder verschwunden.

Dank der milden Temperaturen konnten auch die Kastrationen der Hundedamen ohne große Unterbrechung fortgesetzt werden.
Denn nur kastriert haben die Hündinnen eine Chance, in der Slowakei vermittelt zu werden.


Einziger Wehmutstropfen dieses Winters ist das Ungeziefer.
Genau wie bei uns gehen Flöhe und Zecken nicht kaputt.
Agnes rechnet mit einer Invasion der blutrünstigen Krabbeltiere.

Um die Hunde einigermaßen zu schützen, habe ich ja neulich schon einige Eurer „Geschenke“ für 54 Ungezieferhalsbänder in Komarno verwendet.
Hier noch mal die Quittung.


Die umgerechnet ca. 100,- Euro war jedoch vermutlich erst der Anfang.
Denn die Halsbänder halten nicht ewig.
Außerdem kommen ständig neue Hunde dazu.
Und nachdem in der Slowakei – genau wie bei uns – die Zeckenkrankheiten (vor allem Babesiose und Borreliose) auf dem Vormarsch sind, ist Vorbeugung dringend notwendig.

Wenn also jemand von Euch günstig an Ungezieferhalsbänder oder „Spots“ kommt, herzlich gerne zu mir.
Ich nehme sie bei meinen regelmäßigen Flügen mit in die Slowakei.


(Ganz nebenbei...
In Tirnau gibt’s so gut wie keine Zecken.)

Jetzt komme ich langsam zum Schluß.
Meine „Gäste“ fordern meine Aufmerksamkeit.
Ich danke Euch, daß ihr Euch die Zeit zum Lesen genommen habt – und natürlich für Euer Interesse.