Fredo
Hi Leute,
ich bin’s – der Jerry aus Santiago. Electro hieß ich mal. Ihr kennt mich ja schon. Ich bin jetzt seit über einem Jahr in KG-Land.
Heute wollte ich Euch mal meinen Kumpel Fredo vorstellen. Manche von Euch kennen ihn wohl eher als Wichy.
Er war mein Knastbruder in Spanien. Und jetzt ist der alte Junge doch tatsächlich hier gelandet.
Aber wie es dazu kam, erzählt er Euch am besten selbst. Los Fredo!
Okay, okay… ich mach ja schon! Mach mal Platz da mit Deiner dicken Plauze….
So, schon besser! Der macht sich ja immer sowas von breit. Ist aber auch ganz schön auseinandergegangen, der Bursche.
ICH dagegen bin ja sehr schlank. Jerry meint, das wird sich hier bald ändern. Pah, ICH werde mich nicht gehen lassen, ICH achte auf meine Linie!
Also, wo fang ich an?
Am besten in Spanien. Da saß ich nämlich seit ich denken kann im Knast. Ich glaub, ich war noch ein Baby, da haben sie mich eingebuchtet.
Warum, weshalb? Weiß kein Mensch!
Also nicht, dass hier ein falscher Eindruck entsteht. Ich bin nicht kriminell oder so. Vielleicht hab ich mal ein Stück Leberwurst geklaut, könnte sein.
Irgendwie hab ich auch nicht damit gerechnet, dass ich da mal wieder rauskomme.
Wo hätte ich auch hinsollen? Ich kannte ja nichts Anderes.
Und ich hatte meine Kumpels dort. Electro, Gato und ich waren echt eine coole Gang. Die drei von der Tankstelle sozusagen.
Wir haben den Laden ganz schön aufgemischt.
Aber dann sind ein paar blöde Sachen passiert. Erst ging Electro. Nach KG-Land, hieß es.
Nicht dass einer von uns gewusst hätte, was das ist. Es wurde immer nur ganz ehrfürchtig und hinter vorgehaltener Pfote davon gesprochen.
KG-Land – das Land, wo Milch und Käsepaste fließen! Dort musste es himmlisch sein! Das gelobte Land!
Und Electro durfte dahin! Der Glückliche!
Naja, ich hatte ja noch Gato.
Wir zwei haben zusammengehalten wie Pech und Schwefel. Solche Freunde braucht man im Knast, sag ich Euch!
Und dann kam der Tag, als auch Gato ging…
Nicht nach KG-Land, soweit hat er es nicht geschafft. Aber er wurde von einer spanischen Familie aus dem Knast geholt.
Mann oh Mann, das war hart. Ich bin echt kein Weichei, stolz auf mein sonniges Gemüt, aber das haut den stärksten Kater um.
Ich meine, ich hab mich irgendwie gefreut für ihn, super Chance und so, aber für mich war es der Super-GAU!
Da saß ich nun – alleine im Knast.
Naja, natürlich war ich nicht alleine, da gibt´s ja noch mehr von uns. Und ich hab ziemlich schnell wieder Anschluss gefunden.
Aber so gute Freunde wie Electro und Gato gibt´s halt nicht an jeder Straßenecke.
Die Zukunft sah trübe aus!
Ich meine, ich machte mir keine Illusionen: als schwarze Katze hat man es echt schwer, aus dem Knast zu kommen.
Das liegt wohl daran, dass man mit uns keine vernünftigen Selfies machen kann (hab ich gehört).
Das muss man sich mal vorstellen!
Wer nimmt sich denn eine Katze, nur um Fotos zu machen? Menschen sind schon komisch.
Aber dann passiert das Unfassbare! Plötzlich hieß es: „Hey Wichy, pack Deine Siebensachen, Du hast Dein Ticket nach KG-Land sicher!“.
WAS???!!!
ICH????!!!!
Das gelobte Land???!!!
Ich konnte es kaum glauben!
Da gab es also jemanden, dem Selfies völlig egal waren??? Wahnsinn!
„Es gibt noch einen Katzengott“, dachte ich. „Jetzt wird alles gut!“.
Naja, erstmal wurde gar nix gut. Ich musste zu Gustavo zum Check-up und impfen und so.
Milben hatte ich, aha. War mir gar nicht klar. Aber kein Wunder, bei den Zuständen im Knast.
War aber wohl kein Ding. Ich durfte also ausreisen.
Dann hieß es warten, warten, warten….
Man sperrte mich mit Taffy und Austria in ein Extra-Zimmer, damit nix mehr schief geht vor der Ausreise. Die zwei Glücklichen hatten nämlich auch ein Ticket nach KG-Land ergattert.
Und so ein Hund, den ich aber nicht kannte.
Endlich kam der Tag der Abreise. Und dann ging erstmal alles schief.
Wir wurden in Boxen gepackt und zum Flughafen gekarrt. Und dann hieß es plötzlich, wir dürfen nicht mitfliegen!
Irgendwas war mit der Klimaanlage oder Heizung im Flugzeug und wir würden im Frachtraum erfrieren, hieß es!
Ich war am Boden zerstört!
Meine schillernde Zukunft in KG-Land löste sich plötzlich in Luft auf! Ich würde in einer Katzenbox am Flughafen enden!
Verhungert und verdurstet und von allen vergessen!
Okay, okay, ich übertreibe.
Der nächste Flieger war unser und wir kamen mit Verspätung sicher in KG-Land an. Was für ein Tag!
Am Flughafen ging alles ganz schnell: Steffi nahm mich aus meiner Box (ich hatte eine Scheiß-Laune!), drückte mir noch schnell die Pfote und übergab mich an meine Familie.
Wahnsinn, ich hatte jetzt eine eigene Familie! Und auf dem Heimweg in mein neues Zuhause erzählten die mir, dass ich nun bald Electro wiedersehen würde, meinen alten Kumpel!
Mir war das erstmal egal. Ich war sauer!
Hungrig und müde, wie ich war, wollte ich erstmal nur meine Ruhe. Fressen und schlafen, genau in der Reihenfolge. Die Flucht war anstrengend genug.
Die ersten Stunden im neuen Zuhause ist dann auch erstmal nicht viel passiert.
Ich schlug mir den Bauch voll, legte mich schlafen und träumte von meinem neuen, besseren Leben in KG-Land!
Am nächsten Tag sah die Welt schon ganz anders aus!
Ich war satt, ich war ausgeschlafen und bereit, endlich meinen alten Kumpel Electro wiederzusehen!
Der heißt mittlerweile Jerry und ist – wie gesagt – ganz schön auseinandergegangen.
Und was soll ich sagen?? Der wollte mich erst mal gar nicht wiedererkennen!
Ich sagte: „Hey Electro, alter Kumpel, ich bin`s, der Wichy!“.
Aber er war irgendwie ganz komisch. Meinte, er hieße jetzt Jerry und überhaupt sei er der Chef im Haus und so.
Aha, daher wehte der Wind!
Der hatte Angst, ich würde ihm hier was wegnehmen! Dabei gibt´s hier von allem genug!
Blödmann!
Ich beschloss, mir nichts draus zu machen und erstmal mein neues Zuhause zu erkunden.


Es gab auch Einiges zu entdecken.
Ich wohne jetzt in einem richtigen Haus! Mit einer richtigen Familie!
Hier gibt es zwei Menschen, Electro-Jerry, einen blonden Kater namens Humphrey und einen Fisch namens Wanda (ach nee, das ist ein Hund) – und jetzt also mich. Cool!
Es gibt Katzenkörbe, Sofas, Betten, kuschelige Decken, volle Katzennäpfe und die sanitären Anlagen werden regelmäßig gereinigt…. Herrlich! Der Zweibeiner-Mann hat uns sogar ein Katzenhaus gebaut. Guckt mal:

Und ich darf überall hin. Naja, nicht überall. Esstisch und Arbeitsplatte in der Küche sind tabu, sagte man mir.
Aber meine Leute sind ja nicht immer zuhause, hehe.

Anfangs wollte ich mich ja noch ein bisschen zurückhalten und die Sache ruhig angehen lassen.
Aber mein spanisches Temperament ging ziemlich schnell mit mir durch.
Ich habe erstmal zu jedem im Haus Kontakt aufgenommen und meine Geschichte erzählt.
Irgendwie hatte ich den Eindruck, die waren etwas irritiert von so viel Offenheit. Das scheint man hier nicht gewohnt zu sein.
Humphrey hat mir erzählt, dass Jerry sich erstmal vier Wochen im Arbeitszimmer verkrochen hat, als er hier ankam.
Naja, Electro war schon im Knast eher ein Schlumpf. Und Humphrey? Brite, sag ich nur!
Ich hingegen kann mein spanisches Blut einfach nicht verleugnen!
Und mir war es auch viel zu langweilig im Arbeitszimmer. Hey, ich bin nach KG-Land gekommen, um was zu erleben!
Frauchen nennt mich manchmal einen „schwarzen Teufel“ oder „den irren Kater“. Aber sie sagt das mit so einem zärtlichen Unterton in der Stimme. Ich glaub, die meint das nicht böse.
Ich heiße jetzt übrigens nicht mehr Wichy, sondern Fredo. Also das muss man sich mal vorstellen!
Fredo! Ihr wisst schon, der Loser-Sohn von Don Corleone aus „Der Pate“. Der, der nichts auf die Kette kriegte!
Hätte man mir nicht einen passenderen Namen geben können? Vito vielleicht? Na egal. Namen sind ja Schall und Rauch!
Ansonsten ist alles cool hier. Mittlerweile hat Electro-Jerry sich beruhigt und wir sind wieder beste Kumpels.
Wir jagen und kämpfen den ganzen Tag, was unser Frauchen manchmal ziemlich nervig findet.
Versteh ich gar nicht, ist doch lustig!
Manchmal werden wir deshalb auch nachts aus dem Schlafzimmer ausgesperrt. Frauchen sagt, sie braucht keine kämpfenden Katzen im Bett und außerdem ihren Schlaf. Komisch. Wir legen tagsüber öfter mal ein Nickerchen ein. Aber Frauchen meint, das könne sie nicht.
Einer müsse ja das Katzenfutter verdienen. Recht so!

Manchmal kuscheln Jerry und ich auch ganz friedlich auf dem Bett.
Pssst, sagt`s keinem weiter, aber ich find das richtig schön!


Die Näpfe sind voll, ich hab meinen Kumpel wieder und – wenn ich das will – auch ein paar Hände zum Streicheln.
Hach, das Leben ist schön in KG-Land! Danke Steffi!
Habt einen schönen Tag! Ich geh mal wieder Jerry jagen…

Euer Fredo

(Wichiy aus Santiago)