Darum ein "KG- Hund"



Ein Erfahrungsbericht von Sabine


Bei KG wäre das nicht passiert

Warum ein Hund von Körbchen gesucht?

…weil´s so ganz anders laufen kann

Nein, ich kann nicht von einem“ happy end“ berichten. Es gibt noch kein „end“, wir sind noch mittendrin. Und so richtig „happy“ ist das nicht. Nicht für uns. Und nicht für unseren Hund.

Es fing im Sommer 2009 an. Nachdem lange Jahre 2 Tierschutzhunde bei uns gelebt hatten, mussten wir sehr plötzlich unseren Hund nach nur zwei Jahren einschläfern lassen. Die Trauer war groß. Und es stand fest, dass wir ohne Hund nicht leben wollen. Und eigentlich auch gute Voraussetzungen haben, um einen Hund bei uns aufnehmen zu können. Eine Bauersfamilie, viel Umland, fast immer jemand da, tierlieb und hundeerfahren sind wir auch. Voraussetzung ist allerdings, dass „der Neue“ kinderverträglich ist, denn wir haben vier davon, oft auch mehr, denn unsere Kinder pflegen einen großen Freundeskreis. Und die Katze möchte natürlich auch in Ruhe gelassen werden. Und ein Tierheimhund soll es auch sein.

Selbst mit einem Boxer aufgewachsen, habe ich im Internet gesucht, natürlich nur bei „seriösen“ Adressen. Mir schwebte ein erwachsener Hund vor, der vielleicht aus einer Scheidungsfamilie o.ä. kommt, von dem man also die Vorgeschichte kennt, eben wegen der Kinder. Relativ schnell verliebte ich mich in einen etwas älteren Boxer und nahm Kontakt auf. Nein, sagte man mir, für einen 8jährigen Hund sei bei uns zuviel Trubel, aber man hätte genau den richtigen Hund für uns. Nach fünf Minuten am Telefon! Der Hund sei noch nicht auf ihrer Seite gelistet, man hätte ihn erst rein bekommen. Schnell waren die Bilder gemailt, ein wirklich lustig aussehender Boxer-Mix. 3 Jahre alt sei er, käme aus einer Familie mit 14 Katzen und Kindern und könne da leider nicht mehr bleiben.
Es passte gut, es waren Ferien und ich fuhr mit meiner Hundefreundin nach Süddeutschland um den Hund kennen zu lernen. Ein wirklich hübscher Hund, allerdings ziemlich mager, wurde aus einem Zwinger geholt, begrüßte uns sehr freundlich und ging auch artig mit uns um den Block. Er kenne noch nicht viele Kommandos, aber das sei ja kein Problem, er sei ja schließlich noch ein junger Hund, sagte die Dame, die dann ganz enttäuscht war, dass ich mir ein Woche Bedenkzeit ausbat und ihn nicht sofort mitnehmen wollte. Im Auto überlegten wir hin und her, waren ziemlich entsetzt über die Unterbringung in der Hundepension dort. In unserem örtlichen Tierheim geht es den Hunden definitiv besser.
In dieser Woche gab es eine Vorkontrolle durch ein Vereinsmitglied. Der Mann war sehr nett und fand, dass wir geeignet für Hundehaltung sind. Natürlich kannte er „unseren“ Hund gar nicht, darum ging es bei der Kontrolle aber auch nicht.
Ich hatte mich in den Hund verliebt. Und so entschieden wir uns für ihn. Nach einer Woche war der Übergabetermin. Als der Übergabevertrag schon fast unterschrieben war, gab mir die Dame den Internationalen Impfpass und sagte, dass der Hund natürlich frei von Mittelmeerkrankheiten sei. Fand ich ganz logisch, denn auf die Idee, dass er aus Spanien sein könnte wäre ich im Leben nicht gekommen. „Ach, hatte ich das nicht erwähnt…?“ Da war es aber zu spät, verliebt ist verliebt und ich dachte, das ich das auch irgendwie hinkriege – ich hatte überhaupt keine Vorstellung von Auslandshunden. Mit spanischen Hunden verband ich nur Podencos (sehr zierliche Jagd- und Windhunde, die man nicht erziehen kann….). „So einen“ traute ich mir nicht zu und fragte, ob mein Hund wohl ein Podenco-Mix sein könnte? „Nein, sehen Sie nur das raue Fell, da ist eher Schnauzer oder so drin…“
Ich war so blauäugig…
Heute, ein halbes Jahr später, nach vielen Stunden im Internet, weiß ich natürlich, dass es auch rauhaarige Podencos gibt. Und wenn man sich meinen Hund ansieht, sieht man deutlich den Boxer-Podenco-Mix. Das ist an sich ja auch nichts Schlimmes!
Bei der Kastration, zu der sich die Organisation außerstande sah, weil sich niemand nach der Operation um ihn kümmern könnte, stellte unser Tierarzt fest, dass alle oberen Schneidezähne bis zur Pulpa abgerieben waren. Bob muss ständig Schmerzen gehabt haben. Und keiner hatte es vorher bemerkt
Er ist der perfekte Hund. Im Haus ist er super umgänglich; er ist freundlich zu jedermann, Kinder, eigene und fremde, stören ihn nicht und mit der Katze frisst er aus einem Napf. Er war vom ersten Tag an stubenrein, er zerbeißt keine Möbel und kann auch relativ gut allein bleiben. Bei der Grunderziehung macht er gute Fortschritte. Es könnte alles so schön sein…

Seine erste Handlung nach Ankunft bei uns war es, über den 1,50m hohen Zaun zu springen. Fast aus dem Stand. Und wir leben mit der Situation „Tür auf, Hund weg“. An der Leine geht er wirklich gut, wenn es keine Ablenkung gibt. Ohne Leine geht gar nichts, er ist sofort weg.
Wir haben wirklich Glück gehabt, dass wir bisher nur drei hohe Tierarztrechnungen und eine Anzeige bekommen haben, riskante Situationen gab und gibt es noch mehr. Unser Hund geht auf alles los, was vier Beine hat. Mit Leine, ohne Leine, er rastet völlig aus, wenn ein anderer Hund auch nur in entfernte Sichtweite gerät. Inzwischen trauere ich nicht mehr der Tatsache nach, dass ich keine zarte Elfe bin, denn so kann ich ihn wenigstens, wenn auch mühsam, in diesen Situationen festhalten.
Treffen wir einzelne Jogger oder Fahrradfahrer, macht er eine Ausnahme – da zählt er dann auch Zweibeiner zum jagdbaren Wild…

Dass ein Podenco ein Arbeitshund ist, brauche ich hier ja nicht zu erwähnen. Den ausgeprägten Jagdttrieb schon gar nicht. Unsere Katze lebt auch nur noch, weil sie im Garten rechtzeitig auf dem Baum war. Viele Situationen hätten sich von vornherein vermeiden lassen können, wenn ich besser informiert gewesen wäre.
Hundeschule und 21/2 Stunden täglich im Gelände – mehr geht bei uns einfach nicht. Die Landwirtschaft, Haushalt und die Kinder sind meine Aufgaben. Ich kann nicht nur für den Hund leben. Es geht einfach nicht. So gern ich das auch ändern würde. Mein Hund kommt immer zu kurz. Dazu kommt noch, dass er jetzt höchstens 2 Jahre alt ist - im besten Pöbelalter also.

Natürlich habe ich mich an den Verein gewandt. „Sie sind also eine von denen, die ihren Hund wieder loswerden will…“ Ja, ich könnte ihn zurückgeben, sollte ihn sofort in ein weit entferntes Tierheim bringen. Ja, sie würden ihn auch auf ihrer Seite listen, aber da könnte ich sicher sein, dass der Hund dort versauern würde, sie hätten nicht das Klientel für solch einen Hund…Hilfe gab es nur am Telefon durch eine Tiertrainerin, die mir gute Tipps gab und sich meine Sorgen anhörte, aber meinte, dass alles ganz normal wäre, dass alle Hunde so wären wie meiner.
Das mag ja auch stimmen. Mit Sicherheit ist Bob nicht verhaltensgestört. Er wird keine tolle Vorgeschichte haben und hat sicher auch Erfahrungen mit anderen Hunden gesammelt, die ihn jetzt so reagieren lassen. Und die Kombination Boxer-Podenco-Jungrüde ohne Erziehung lässt wahrscheinlich kein anderes Verhalten zu. Das Problem ist aber, dass er in der für ihn falschen Familie ist. Und sich das auch nicht ändert. Und da kommt Steffi Ackermann ins Spiel. Denn sie hat mir am Telefon die Augen darüber geöffnet.
Ich dachte, ich wäre ganz lebenserfahren , aber ich bin so schnell über den Tisch gezogen worden. Die Organisation wollte den Hund einfach nur loswerden. Die Leute wussten nichts über den Hund, oder haben es, schlimmer noch, verschwiegen.
Ich will meinen Hund nicht weggeben. Wer nimmt ihn denn auch? Wo findet man jemanden, der nur für seinen Hund lebt? Die Alternative wäre das Tierheim und das will ich ihm auch nicht antun. So langsam fängt er an, eine Bindung aufzubauen. Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben. Und das wieder kaputt machen? Nein, auf keinen Fall. Und so leben wir in einem Kompromiss. Haben Sie schon Mal eine Bauersfrau gesehen, die drei Stunden am Tag mit ihrem Hund spazieren geht? In der Erntezeit? Und die dennoch weiß, dass das für ihren Hund nicht ausreicht. Dass ihr Hund jeden Tag zu kurz kommt.
Ich bedauere sehr, dass es für mich und meinen Hund kein Ackermann´sches Verhör gegeben hat.

Sabine Köhler
sabine.koehlervolkse@web.de