Alt und jung - wie dumm



Viele Menschen lieben Hunde.
Sagen sie zumindest.
Doch wenn man einen Hund wirklich liebt, sollte man sich auch seine Bedürfnisse bewußt machen und auf diese eingehen.
Erst Recht dann, wenn der Hund alt wird und dem Ende seines Lebens entgegen steuert.

Doch an diesem Punkt, wo der Hund mehr denn je auf die Rücksicht, die Einsicht, die Weitsicht und den Schutz des Menschen angewiesen ist, da versagen die Menschen häufig.

Zu einem Zeitpunkt, wo bei dem alten Hund die Kräfte schwinden und die Knochen schon mal zwacken, wird ein neuer Hund ins Haus geholt.
Das ist nicht böse gemeint.
Der Neuzugang soll:
- ein Spielpartner für den Alten sein, damit der noch mal ein bißchen in Schwung kommt
- den alten Hund aufmuntern
- sich vom alten Hund abgucken wie das Leben funktioniert
- die Lücke schließen, die der alte Hund hinterlassen würde, bevor sie entsteht

Doch was bedeutet das für den alten Hund?
Gehen wir mal in die Natur und gucken, was die Vorfahren - die Wölfe - so machen.
Wenn ein Wolf alt wird, wird er langsamer, kraftloser, schwächer. Er schwächt das Rudel und wird somit verstoßen.
Als Einzelgänger kommt man als Wolf aber selten wirklich weit.
Also wird der alte Wolf noch schwächer (Futtermangel) und stirbt schließlich in Einsamkeit.
Das steckt in unserem Hund noch drin.

Wenn der Hund alt wird, wird er langsamer, kraftloser, schwächer. Die Ballspielrunden werden weniger und fallen schließlich ganz aus. Die Gassirunden werden kürzer und langsamer. Das Fahrrad kommt nicht mehr zum Einsatz.
Wir Menschen nehmen auf die Bedürfnisse des alten Hundes Rücksicht und passen uns an seine reduzierten Fähigkeiten an.
Der alte Hund wird nicht verstoßen, sondern das Rudel akzeptiert, daß es geschwächt wird.
Für uns Menschen ja kein Problem.

Wenn jetzt ein junger Hund dazu kommt, ist die Situation für den alten Hund ganz anders.
Plötzlich ist es mit der Ruhe und der Rücksicht vorbei. Tempo, Spiel, Spaß, Spannung bestimmen den Tagesablauf.
Der junge Hund nimmt auf die Schwäche des Alten keine Rücksicht. Im Gegenteil, er fordert ihn heraus (das steckt in seiner Natur). Er testet Grenzen, will seine Kräfte messen, die Rangordnung im Rudel klären.
Und der alte Hund?
Der mobilisiert all seine Kräfte.
Egal ob die Knochen schmerzen, er gibt Gas so gut er kann.
Er versucht alles, um mit dem Jungspund mitzuhalten, damit er aus dem Rudel nicht ausgestoßen wird.

Und das Rudel, der Mensch denkt: Guck mal, der alte Hund blüht noch mal so richtig auf.
Wie gut, daß wir den Jungen dazu gesetzt haben.

Doch der alte Hund blüht nicht auf.
Er quält sich Tag für Tag für Tag.
Ständig bewegt er sich weit über seiner Leistungsgrenze und powert sich aus, obwohl er eigentlich längst nicht mehr kann.

Selbst ein alter Hund, der beim Spaziergang noch fit ist und gerne mit anderen Hunden "spielt" = seine Kräfte mißt, ist ein alter Hund.
Er kann durchaus mal eine Stunde über die Wiese rennen.
Aber wenn er Zuhause ist, dann braucht er wieder die Ruhe und Geborgenheit seines Rudels.

Fragen wir mal einen 70-jährigen Menschen, was er davon hält mit einem Teenager mithalten zu MÜSSEN oder mit einem Mitzwanziger die Nächte durchtanzen zu MÜSSEN.
Und das auf Dauer.
Er wird nicht begeistert sein.
Mal eine solche Aktion, weil das Abitur bestanden wurde, kriegt der 70-jährige hin. Und es macht auch Spaß.
Aber hinterher braucht er drei Tage, um sich zu erholen.

Alte Hunde sind nicht anders.

Alte Hunde brauchen keinen jungen Sparringspartner.
Alte Hunde brauchen keine Aufmunterung.

Alte Hunde brauchen ein Leben, das an ihre Bedürfnissen angepaßt ist.

Was ist mit der Idee, daß der alte Hund dem jungen Hund was beibringen kann?
Reine Faulheit und Bequemlichkeit der Menschen.
Es ist nicht die Aufgabe unseres Hundes, unseren Hund zu erziehen.

Was ist mit der Lücke, die der alte Hund hinterlassen wird, wenn er geht?
Auch da wird der Egoismus des Menschen deutlich.
Mensch weiß doch viele Jahre vorher, daß das Hundeleben ein Ende finden wird.
Dann muß ich mir rechtzeitig vorher überlegen, einen zweiten (PASSENDEN !!!) Hund dazu zu nehmen, der eben eine Generation jünger ist (also ca. 2-3 Jahre).

Wenn ich den richtigen Zeitpunkt dafür verpaßt habe, sollte ich aus Rücksicht auf meinen besten Freund den Hund darauf verzichten, ihm im Alter noch einen neuen Hund zuzumuten.

Aber wann ist ein alter Hund ein alter Hund?
Und wann ist ein junger Hund zu jung für einen alten Hund?

Nun, das ist individuell sehr unterschiedlich.
Nehmen wir einen 10 Jahre alten Schäferhund. Der ist vermutlich tatsächlich alt.
Nehmen wir einen 10 Jahre alten Jack Russel. Der reißt noch Bäume aus.
Dennoch sollte man ihm keinen Welpen an die Seite stellen. Denn in fünf Jahren ist der Jack Russel dann doch irgendwann alt und der viel jünger Hund im Rudel eine Herausforderung, mit der er mithalten muß. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Hunde sich seit Jahren kennen und seit Jahren im gleichen Rudel leben. Die Leistungsfähigkeit des älteren Hundes läßt einfach nach.

Ein Hund ist dann alt, wenn man ihm Alterserscheinungen anmerkt.
So einfach ist das.

Möchte man trotzdem auf den zweiten Hund nicht verzichten, sollte man nach einem Hund suchen, der die gleiche Altersklasse hat.
Oder besser gesagt, das gleiche Leistungspensum.
Dann ist es durchaus in Ordnung zum 10 Jahre alten Schäferhund einen 9 Jahre alten Schäferhund dazu zu setzen.
Aber auf die Adoption eines jungen Hundes (unter 8) oder gar eines Welpen sollte man tunlichst verzichten, wenn man seinen Hund liebt.

Das ist natürlich nur meine persönliche Meinung.
Ganz sicher gibt es andere Menschen, die eine andere Meinung vertreten.

Doch aufgrund der Erfahrungen, die ich in all den Jahren gemacht habe und auch heute immer noch mache bin ich der Ansicht, daß ein junger Hund und ein alter Hund nicht zueinander passen.