Almendralejo
Februar/März 2013 - Ende und Anfang
Sechs Wochen sind mittlerweile vergangen, seit ich das letzte Mal in Almendralejo war.
Unglaublich viel ist in der Zwischenzeit passiert.
Hoffentlich gelingt die Zusammenfassung.
Am 9. – 10. Februar hat mich erstmals „Frau Digger“ nach Almendralejo begleitet.
Wenn alles nach Plan läuft, werden Helene und „Frau Digger“ mich abwechselnd auf den „tierischen Missionen“ begleiten (nicht nur nach Almendralejo).
Dem Winterflugplan haben wir zu „verdanken“, daß wir erst kurz vor der Dämmerung in Almendralejo sind. In die Perrera zu fahren macht keinen Sinn. Wir haben kein Licht zum fotografieren.
Aber zu tun gibt es trotzdem.
Zum 15-jährigen Bestehen ihres Vereins hat Mada eine Ausstellung entworfen. Diese hätte eigentlich im vergangenen Herbst schon fertig sein sollen. Doch es hat sich immer wieder verzögert.
„Frau Digger“ und ich waren die ersten, denen Mada die Ausstellung gezeigt hat.
Ein Video gibt’s auch.
Leider ist es nicht sonderlich gut geworden.
Aber ich denke, für einen oberflächlichen Eindruck reicht es.
Video Ausstellung.
Bisher habe ich von der Ausstellung nichts erzählt, denn eigentlich war nicht geplant, daß die KG’ler etwas damit zu tun haben. Mada wollte sie selbst finanzieren.
Doch beim Abendessen stellte sich heraus, daß das objektiv betrachtet nicht möglich ist.
Mada erzählt „Frau Digger“ und mir, daß sie große Probleme mit den Galgos hat.
Normalerweise hat die Galgo-Orga ja alle Hunde sehr zeitnah (sobald sie reisefertig waren) übernommen. Doch im zweiten Halbjahr 2012 war das nicht möglich.
Die Finanzkrise hat auch der Galgo-Orga zu schaffen gemacht. Zudem waren die Adoptionen – wie auch bei uns – massiv rückläufig.
Bis zu sechs Monate mußte ein Galgo auf seine Übergabe an die Galgo-Orga warten.
Logisch, daß sich die Hunde in der Perrera gestapelt haben.
Mada hat nach einer anderen Lösung gesucht und diese auch gefunden. 24 Galgos würden einmalig (!) von einer anderen Orga übernommen.
Allerdings trägt diese Orga nur einen Bruchteil der Kosten für die Reisevorbereitungen. Mada würde auf Tierarztkosten in Höhe von etwa 2.800 Euro sitzen bleiben.
Hinzu kommen die Kosten für die Ausstellung in Höhe von ca. 1.400 Euro. (Rechnung unter „Jeder kann helfen“, Projekte im Ausland).
Mada hat nicht um Geld gebeten, aber doch deutlich gemacht, daß diese Ausgaben die Existenz ihres Vereins gefährden.
Was tun?
Nach meiner "tierischen Mission" wollte ich den KG'lern von dem finanziellen Problem erzählen und eine Extra- Euronen-Sammlung zu Gunsten der Galgos starten. Für den, der die Arbeit der anderen Orga unterstützen möchte.
Sicher war ich jedoch, daß die KG'ler die Ausstellung finanzieren würden, wenn man die Fakten erklärt. Deshalb habe ich zugesagt, daß KG die Kosten übernimmt.
Hier ein paar Hintergrundinfos, warum diese Ausstellung nicht nur hübsch anzusehen, sondern durchaus auch sinnvoll ist.
Tatsache ist, daß die Vermittlungen in Almendralejo selbst massiv zurück gegangen sind. So kommt es, daß Welpen - die vor der Finanzkrise innerhalb von kürzester Zeit vermittelt waren, in der Perrera aufwachsen.
Der Welpenverkauf im normalen Zoogeschäft funktioniert aber noch immer.
Die Menschen in Almendralejo sind sehr mit sich selbst und ihrer eigenen Not beschäftigt. Da gerät die Perrera in Vergessenheit.
Gleichzeitig ist Madas Verein fester Bestandteil von Almendralejo seit 15 Jahren. Zum Jubiläum wollte Mada die Bevölkerung über all das, was (Dank der Unterstützung der Galgo-Orga und unserer Hilfe) in den letzten Jahren passiert ist, informieren.
Die Ausstellung ist so konzipiert, daß sie weiter verwendet werden kann, solange Madas Verein besteht. Es wird lediglich hin und wieder ein neues Bild zur Ergänzung gebraucht. Auch das Material ist strapazierfähig, wasserfest, irgendeine Kunststoffkombination. Also wenn man das Bild nicht zu zerbrechen versucht, sind die Bilder sehr, sehr lange haltbar.
Die Ausstellung wird in verschiedenen öffentlichen Gebäuden präsentiert. Den ganzen März über sind die Bilder in der Bibliothek der Stadt zu sehen. (Leider habe ich keine Fotos). Auf diese Weise wird die Bevölkerung über die Arbeit von Madas Verein informiert und an die Hunde in der Perrera erinnert.
In wie weit die Ausstellung ein Erfolg ist, ob es vielleicht sogar Berichte in den Zeitungen gab, ist mir leider nicht bekannt.
Warum ich so viel nicht weiß – dazu später mehr.
Am nächsten Morgen (Sonntag, 10. Februar) ging es zeitig los in der Perrera. „Frau Digger“ hat einen ersten Rundgang gemacht.
Nicht wirklich schön anzusehen.
Gut, daß Nandi gleich kommt zum Sauber machen.
Während „Frau Digger“ erste Kontakte knüpft…
… gucke ich mir die Neuerungen an.
Der Haupt-Wasseranschluß ist jetzt ummauert.
Vorher sah es so aus (Foto von Juni 2012)
Außerdem ist rechts neben dem Lager eine „Wäscherei“ entstanden.
Vorher sah es schon mal so aus (Foto von Dezember 2011).
Der Platz war im Prinzip ungenutzt.
Jetzt kommt er voll zum Einsatz.
Und auch den Geräten (Waschmaschine und Trockner) tut diese „Wäscherei“ gut.
Denn der Klinikbereich, wo die Geräte ja vorher standen, wurde als Zwinger benutzt.
Am 10. Februar haben 19 Hunde dort gelebt.
Von Hygiene und Sauberkeit keine Spur mehr.
Und daß die Geräte als „Spielzeug“ verwendet und von den Rüden markiert wurden, versteht sich von selbst. Daß weder Trockner noch Waschmaschine davon begeistert waren, ebenso.
Mit der „Wäscherei“ werden also einige Probleme gelöst.
Und das beste – die Kosten übernimmt komplett das Ayuntamiento.
Aber kümmern wir uns um das Wesentliche.
Die Hunde.
Ich empfinde die Belegung der Perrera als angenehm.
In den kleinen, alten Zwingern sitzen im Durchschnitt drei Hunde.
(Als wir in Almendralejo angefangen haben, waren es auch schon mal sechs pro Zwinger).
Allerdings lebt eine Gruppe rund um die Mastin- Rüden fest im Auslauf, so daß eine Parzelle permanent besetzt ist.
Im Patio lebt ein Rudel, daß die zweite Parzelle im Auslauf besetzt.
Und das Rudel aus der Klinik besetzt die dritte Parzelle im Auslauf.
Damit stehen für die Hunde in den Zwingern nach wie vor (Stand 10. Februar 2013) nur drei Parzellen zur Verfügung.
Es gibt mittlerweile eine Menge Hunde in der Perrera, die sich nicht anfassen lassen.
Es gibt auch eine Menge Hunde, die mit gleichgeschlechtlichen Artgenossen nicht klar kommen.
Die medizinische Betreuung der Hunde ist schwierig (bis unmöglich), da der Klinikbereich ja als Zwinger benutzt wird.
Überhaupt muß es an dieser Stelle mal erlaubt sein zu sagen, daß einige Dinge in Almendralejo nicht so laufen, wie das ursprünglich – nach deutschen (!) Vorgaben - geplant war.
Mada tut viel – aber möglich wäre … Anderes.
Die Perrera von Almendralejo ist kein Gnadenhof.
Niemand kann schwer verletzte Hunde entsprechend betreuen.
Niemand kann traumatisierte Hunde an der Pfote nehmen und zurück ins Leben führen.
Niemand kann verhaltensauffällige Hunde sozialisieren.
Die Zeit fehlt.
Die Menschen fehlen.
Alles fehlt.
Ist es Tierschutz, wenn die Lebensqualität vieler Hunde sinkt, weil ein einziger, nicht sozialisierter Hund Ärger macht?
Ist es Tierschutz, wenn ein Hund mit gebrochener Hüfte im Auslauf sitzt und sich gegen die anderen Hunde (die nur spielen wollen) wehren muß?
Ist es Tierschutz, wenn eine Wunde am Bein über 9 Monate nicht heilt?
Wie definiert man Tierschutz?
Das muß sicher jeder für sich selbst entscheiden.
Für mich gehört das Wort „nein“ zum Tierschutz dazu.
Nein, ich kann Dir nicht helfen.
Nein, Du darfst nicht weiter leben.
Wer Tierschutz mit Sinn und Verstand betreibt, der kommt nicht drumherum, auch mal einen jungen, körperlich gesunden Hund zu töten, weil dessen Seele so sehr kaputt ist, daß sie unter den gegebenen Umständen nicht geheilt werden kann.
Einen Hund mit Verletzungen (z.B. Knochenbrüchen nach einem Autounfall) so „halbwegs“ zu reparieren und dann einfach irgendwie auf die Selbstheilungskräfte zu vertrauen, hat für mich nichts mit Tierschutz zu tun. Entweder ich kann den Hund entsprechend seiner Verletzung versorgen, oder ich lasse es.
Ein Hund, der sich über Wochen, Monate, vielleicht sogar Jahre nicht anfassen läßt, der muß gehen. Um Platz zu machen für die Hunde, die nachkommen und noch eine Chance haben.
Ein Hund, der ständig seine Artgenossen dominiert, permanent für Ärger sorgt und so die Lebensqualität vieler Hunde reduziert, dem kann unter den gegebenen Umständen nicht geholfen werden. Auch dieser Hund muß gehen.
Das ist entsetzlich.
Eigentlich hat jeder Hund das Recht auf Leben.
Doch es ist einfach unmögliche alle zu retten. Das geben die Umstände nicht her. Somit gilt es tödliche Entscheidungen zu treffen.
Als wir die Zusammenarbeit mit Almendralejo begonnen haben, war Mada der gleichen Ansicht.
Doch über die Zeit – und auch dadurch, daß neue Leute ins Team gekommen sind – hat sich da etwas geändert.
Stand Februar 2013 wird gerettet, was noch irgendwie atmet.
Via Internet werden Adoptionen in ganz Spanien organisiert. Mit einem Hundeversandunternehmen werden die Hunde verschickt.
Gerettet.
Hauptsache gerettet.
Und die Hunde in der Perrera sitzen noch immer in den kleinen Zwingern, obwohl ein Auslauf zur Verfügung steht.
All das habe ich Mada immer wieder gesagt.
Nein, nicht in dieser komprimierten, deutlichen Form.
Aber ich habe schon Kritik geübt. Nach allem, was „Körbchen gesucht“ in Almendralejo getan hat, muß das einfach möglich sein. Denn einige Absprachen wurden ja bisher nur von einer Seite eingehalten.
Nun, die Uhren in Spanien ticken anders. Man muß Geduld haben und am Ball bleiben.
Doch irgendwie hatte Mada die Schnauze voll. Es ist ihre Perrera. Sie will sich nicht bevormunden lassen. Sie will alleine entscheiden. Und außerdem ist aus heiterem Himmel noch eine Podenco-Orga aufgetaucht, die zukünftig helfen wird.
Drei Tage vorher, bei meinem Besuch in Almendralejo, hat Mada davon nichts erzählt. Nur davon, daß eine Menge Euronen fehlen.
Dieses Verhalten fand ich alles andere als in Ordnung und habe dementsprechend reagiert.
Und so hat Mada am 17. Februar 2013 die Zusammenarbeit mit „Körbchen gesucht“ gekündigt.
Warum ist ausführlich …
HIER - Ausschnitt aus Aktuelles Februar 2013
… nachzulesen.
Nach einigen schlaflosen Nächten habe ich das Ende akzeptiert.
Es galt noch die letzten Körbchenfinder abzuholen und fertig.
So viele Hunde in Spanien warten auf Hilfe. Wir finden ganz sicher etwas Neues.
KG wird weiter leben.
Doch es hat nur drei Wochen gedauert.
Am 7. März hat Mada gefragt, ob sie nicht doch noch mal mit mir reden kann.
Wir haben uns am Flughafen getroffen, als ich die vorletzten Körbchenfinder abgeholt habe.
Einige Tage später habe ich bei „Aktuelles“ davon erzählt.
Nachzulesen…
HIER - Ausschnitt aus Aktuelles März 2013
Und so kommt es, daß die Körbchensucher aus Almendralejo jetzt doch wieder online gehen.
Bis alles fertig ist, wird’s sicher eine Weile dauern. Denn wenn ich ohnehin jeden Hund neu „in die Hand“ nehmen muß, dann überarbeite ich auch in einem die Texte.
Zudem muß ich die Videos alle wieder neu hoch laden.
Und, und, und…
Die folgenden Infos weiß ich nur vom Hörensagen – ich war nicht mehr in der Perrera – aber ich will sie trotzdem nicht vorenthalten.
Stand 19. März:
- Es leben 110 Hunde in der Perrera von Almendralejo.
- Im Klinikbereich leben nur zwei Hunde
- Im Patio leben nur fünf Hunde, die aber nach und nach auch in Zwinger umgesetzt werden sollen
- Im Auslauf leben nur drei Mastins. Diese müssen ihre Parzelle tagsüber räumen
- tagsüber bedeutet:
Von 11 – 14.30 Uhr
In dieser Zeit ist zusätzlich zu den beiden Pflegern „Toni“ in der Perrera.
Sie wird ebenfalls vom Ayuntamiento bezahlt.
Toni läßt die Hunde – Zwinger für Zwinger – in den Auslauf. Wenn alle Parzellen besetzt sind, schmeißt sie die Waschmachine an oder sammelt im Auslauf die Häufchen ein.
Etwa nach einer viertel Stunde gehen die Hunde zurück in ihre Zwinger und die nächsten Hunde kommen raus.
So ist gewährleistet, daß JEDER Hund TÄGLICH etwa 15 Minuten den Auslauf nutzen kann.
- in der Zeit, in der wir nicht zusammen gearbeitet haben, hat Mada einige Neuankömmlinge eingeschläfert. Sie hat eingesehen, daß es einfach nicht möglich ist, alle Hunde zu retten. Mada hat versprochen auch in Zukunft entsprechend zu handeln.
Daß durch dieses ganze Hin und Her ein großer Schaden entstanden ist, ist mir klar.
Mada wünscht sich, daß alles so weiter geht, wie vor der Trennung. Doch das ist definitiv nicht möglich – zumal ich ja in der Zwischenzeit andere Kontakte geknüpft habe.
In wie weit die Paten erneut bereit sind Mada finanziell zu unterstützen, müssen wir sehen.
Und wie lange die Zusammenarbeit hält, bleibt ebenfalls abzuwarten.
Wobei Mada ganz klar sagt: Wenn sie von KG nicht alle Unterstützung bekommt, die sie braucht, wird sie anderweitig nach Sponsoren Ausschau halten.
Dennoch wage ich einen Blick in meine Wunsch- Zukunft.
Ich wünsche mir:
- daß die Rudelzusammensetzung der Hunde so gewählt wird, daß die Hunde morgens in den Auslauf kommen. Die Belegschaft von drei oder vier kleinen Zwingern zusammen in eine Parzelle.
Wenn sich alle vertragen können die Hunde den ganzen Tag draußen sein. Und abends geht’s zurück in die kleinen Zwinger. Es gibt Medikamente und Futter und alle können entspannt die Nacht verschlafen. Da macht es dann auch nichts aus, wenn wieder fünf oder sechs Hunde in einem alten, kleinen Zwinger leben. Denn diese beengten Verhältnisse bestehen ja nur während der Ruhezeit. Tagsüber kann man sich im Auslauf austoben. So war das ursprünglich gedacht.
- Im Klinikbereich leben wirklich nur die kranken oder verletzten Hunde. Diese dürfen im Patio ihre Geschäfte verrichten und gehen dann zurück in die Zwinger, so daß die Verletzung ausheilen kann
- die Hunde, die in den Zwingern im Patiobereich leben, können sich den ganzen Tag im Patio frei bewegen
- es gelingt auch in Zukunft so viele Euronen zusammen zu bekommen, daß alle „Nicht- Podencos“ und „Nicht- Galgo“ kastriert werden können
- es gelingt auch in Zukunft jedes Jahr etwa 50 Körbchensucher aus Almendralejo zu Körbchenfindern in KG-Land zu machen
Das klingt unrealistisch?
Nein, nicht unbedingt.
Ich weiß von anderen Tierheimen / Perreras, da Hunde im wirklich großen Rudel leben können, ohne daß es zu mörderischen Zwischenfällen kommt.
Da ist es durchaus möglich eine Gruppe von ca. 20 Hunden in einer Parzelle zu haben. Die Parzellen sind ja groß und durch die Plattformen gibt’s ja auch jede Menge Möglichkeiten einander aus dem Weg zu gehen.
Was die Vermittlungen angeht, so müssen wir sehen, wie sich’s entwickelt.
Mada hat einen Kontakt nach Barcelona, wohin immer gerne kleine Hündinnen geschickt werden. Das sind die Hunde, die auch in KG- Land am ehesten ein Körbchen finden.
Und da wir nur noch ca. 60 Hunde auf Körbchensuche haben werden (den Rest übernimmt ja die Podenco- Orga), wird es mit 50 Vermittlungen pro Jahr schwierig.
Aber zumindest ich werde mein bestes geben.
Ein Neuanfang nach so einem Ende ist immer schwierig.
Doch alle gemeinsam können wir es schaffen.
24. März 2013